Der Pox unter den Bieren

21:39 Uhr – San Cristobal de las Casas, ein Stadt auf 2.200 Meter Höhe im mexikanischen Bundesstaat Chiapas. Im Januar durfte ich ein paar Tage an diesem sehr schönen und vor allem höchst interessanten Ort verbringen. Eines der vielen Highlights war eine Stadtführung, eine sogenannte Free Walking Tour. Normalerweise ist man bei diesen Tours auf Trinkgeldbasis mit einem lokalen Guide unterwegs, der einen zu Fuß ein paar Stunden durch die Straßen der Stadt führt und an jeder Ecke etwas erzählt. Bei der Tour in San Cristobal gab es auch einen Guide, der das ein oder andere erzählt hat. Vor allem hat er seiner kleinen Gästegruppe aber allerlei interessante Personen vorgestellt. So haben wir unter anderem den Wirt eines kleinen Lokales getroffen, einen Kunsthandwerker und einen indigenen Modedesigner. Seinen Abschluss fand der Stadtspaziergang in einem Kulturzentrum, in dem wir noch einiges über das traditionelle Getränke Pox gelernt haben und einige handwerklich gemachte Poxs probieren durften. Viele haben als Souvenir dann ein Fläschchen von diesem Zucker-Mais-Schnaps mitgenommen. Ich habe aber spitzbekommen, dass dort auch Bier gemacht wird und lieber ein Fläschchen davon mitgenommen. Probiert habe ich es vorher nicht, darum gibt das heute eine Wundertüte.

So richtig einfach ist das jetzt nicht nachzuvollziehen, was der Name der Brauerei ist und was der Name des Bieres sein soll. Das ist wirklich eine sehr kleine, sehr handwerkliche Klitsche, über die man auch im Internet wenig findet. Umso spannender. Das Etikett ist im unteren Drittel flächig dunkelorange, darüber weiß. In schwarzer Schrift steht Marsellesa (ich vermute, dass das die Brauerei ist) und etwas größer IPA Leluya darauf. Darüber ist eine kunstvoll gezeichnete, gelbe Fliege zu sehen. Darunter, auf einem goldenen, von Gerstenähren umstellten, Balken steht „Indian Pale Ale“. Ich weiß, dass es etwas belehrend ist, aber: Der Bierstil IPA heißt eben India Pale Ale, weil das Bier ursprünglich für Indien gemacht wurde, und nicht in Indien – also nicht indisch/indian ist. Jetzt frage ich mich, ob sich da ein leichtsinniger Fehler eingeschlichen hat, die Mexikaner nicht so viel Wert auf dieses Detail legen, oder ob das tatsächlich eine Anspielung auf die großteils indigene Bevölkerung der Gegen um San Cristobal sein soll.

In das Aussehen des IPAs im Glas habe ich mich sofort verliebt. Helle Kastanienfarben mit leichter Rötung, bedeckt von einer kleinen, leicht cremefarbenen Schaumschicht. Der Duft strömt nicht gerade wild aus dem Glas, aber wenn man am Bier riecht, gefällt es: Deutlich herbe Hopfenaromen, zusammen mit dem Geruch säuerlicher Zitrusfrüchte. Dazu dringen Röstaromen in die Nase. Schön!

Beim ersten Schluck wird deutlich, dass das Leluya ein richtiges Hopfenbrett ist. Die Herbe schlägt mit voller Breitseite zu, am Gaumen wird es sofort bitter, während sich auf der Zunge Aromen aus dem Wald zeigen: Nadelholz, feuchte Rinde, Tannenzapfen, Farn. Vom Mundgefühl her ist das 5,5 Prozent starke Bier sehr angenehm, vollmundig und trotzdem einigermaßen leicht. Das geröstete Malz zeigt sich nur unterschwellig, führt aber zu einem trockenen Abgang hin. Erst nachdem Glas nur noch halb voll ist, trauen sich langsam auch die ganz kleinen, fruchtigen Aromen heraus. Diese bleiben aber sehr nahe am waldigen Eindruck, also keine Spur von süßen Mangos und Papayas, vielmehr sind wir hier bei dunklen Waldbeeren.

Ein hervorragendes IPA, auch wenn es wegen seiner enormen Herbe nichts für Anfänger ist. Ehrlich gesagt hätte ich bei dem Aussehen der Flasche und dem Herkunftsort nicht zwangsläufig mit einem so tollen Bier gerechnet.

Großpopowitzer Ziegenbock

21:22 Uhr – Vor rund 3 Jahren habe ich mal ein dunkles Kozel getrunken und an dieser Stelle beinahe euphorisch gelobt. Heute ist die helle Variante aus der tschechischen Brauerei Volkopopovicky dran, das Kozel Premium Lager. Schön finde ich noch diesen Satz auf Wikipedia zur Brauerei: Die Brauerei wurde im Jahr 1871 unter dem Namen Großpopowitzer Brauerei vom Großunternehmer Franz Ringhoffer II. in Velké Popovice südöstlich von Prag gegründet. Drei Jahre später wurde das erste Bier gebraut. Da fragt man sich doch, was der da drei Jahre lang getrieben hat?! Auch bei diesem Kozel grüßt ein Ziegenbock vom Etikett, der vor einem riesigen, vollen Humpen Bier sitzt. Ich frage mich ja, wie der das mit seinen Hufen saufen soll, soll aber auch nicht mein Problem sein.

Das Lager ist auffallend klar, aber dabei nicht besonders hell. Das dunkle Goldgelb hat schon einen leichten Drang ins Rötliche. Dazu fällt die sichtbar aktive Kohlensäure auf, die die schmale Schicht von weißem Schaum am Leben hält. Der Geruch ist malzig nach Bier, aber auch süßsäuerlich wie Honigwein.

Der erste Schluck ist nicht schlecht, es ist längst nicht die erwartete Malzbombe. Im Mund zeigen sich – ganz im Gegenteil – sogar herbe Hopfenaromen. Mit seinen schlanken 4,6 Prozent Alkohol ist das Kozel recht süffig-leicht, besonders viele Ecken und Kanten hat es auch nicht. Auffallend ist erst wieder der honigsüße Abgang, in dem sich dann doch noch die anfänglich bemerkten Aromen zeigen. Ein anständiges Alltagsbier, nicht mehr, nicht weniger.

Zunftiger Rosenmontach

21:01 Uhr – Rosenmontag, Zeit für ein Kölsch. Da habe ich im Keller zum Glück noch ein Zunft Kölsch gefunden, das von der Erzquell Brauerei Bielstein in Wiehl (also nicht in Köln!) gebraut wird. Ein Kölschglas habe ich leider nicht in der Vitrine stehen. Da ein Kölsch aber genau wie ein Weizenbier obergärig ist und normalerweise einen Weizenanteil in der Malzschüttung hat, habe ich mich heute für ein kleines Weizenglas entscheiden. Aber – oh Schreck: Dieses 4,8 prozentige Kölsch wurde ausschließlich mit Gerstenmalz gebraut.

Bei der Beschreibung des Etiketts fange ich heute mal mit der Rückseite an. Dort ist nämlich das Wort „Prost!“ zu stehen, aber – und das ist der Clou – nur, wenn das Bier eiskalt ist. Wird das Fläschchen wärmer, verschwindet die Schrift. Eine schöne Spielerei, mehr nicht. Ansonsten ist das grün umrandete Etikett (das vordere) nicht besonders spektakulär: Eine schlichte Lösung, um den traditionellen Schriftzug und das Wappen in einem modern anmutenden Look zu retten.

Das Zunft Kölsch glänzt sehr schön im Licht, ist von einer dauerhaften, feinen und weißen Schaumkrone bedeckt und hat eine auffällig lebendige und grobperlige Kohlensäure. Was leider gar nicht hübsch ist, ist, dass man dem Bier schon ansieht, dass es extrem dünn sein muss: Man kann durch die klare Flüssigkeit im Glas ungestört durchgucken.

Großartig riechen tut es auch nicht, aber das was man in die Nase gezogen bekommt, riecht zumindest nach anständigem Bier. Auch der Geschmack ist nicht so dünn, wie der Anblick befürchten lies. Aber besonders toll schmeckt das Zunft Kölsch leider nicht. Eigentlich ist es schön würzig und spritzig, aber irgendwas stört durch künstliche Aromen. Vielleicht kommt das daher, dass Hopfenextrakt statt reinem Hopfen verarbeitet wurde. Ich würde so gerne urteilen, dass das ein süffiges, leichtes Standartbier ist, das sogar einen gewissen Hopfencharakter zeigt. Aber dieser Nachgeschmack nervt mich schon ziemlich. Schade eigentlich.

Socialismo o Großbrauerei

21:14 Uhr – Länderpremiere Kuba: Ein Bier aus dem karibischen Inselstaat hatte ich noch nie im Glas. Das Bucanero Fuerte wird von der Bucanero Brauerei im ostkubanischen Holguín gebraut. Das Lustige ist, dass die Brauerei zur Hälfte der kommunistischen kubanischen Regierung gehört, und zur anderen Hälfte der größten Brauereigruppe der Welt, der kapitalistischen Anheuser-Busch InBev. Wenn es um’s Bier geht, geht das schon.

Die Dose ist in Schwarz und dunklem Rot gehalten, dominant ist aber der weiß von unten nach oben geschriebene Brauereiname. Dass links davon ein freundlicher Pirat in edler Kleidung grinst und außerdem ein Segelschiff mit 9 Segeln durch die stürmische See segelt, fällt einem erst auf den zweiten Blick auf. Ob die Gebrauchsspuren in Form von zerkratztem Lack vom Transport stammen, oder eine Raffinesse im Design sind, kann ich leider nicht sagen. Ein spannendes Detail ist, dass die Dose silbern ist, die Öffnerlasche aber golden. Vielleicht ein Piratenschatz, vielleicht ein Resultat der Planwirtschaft.

Apropos Gold: Auch das äußerst klare Bier selbst schimmert im Glas in einem satten Goldgelb, leider verflüchtigt sich der Schaum extrem schnell. Der Geruch ist malzig leicht und erinnert schon sehr an die leichten amerikanischen Biere. Verbraut ist aber nur Gerstenmalz, also kein Mais oder ähnliches. Je tiefer man die Nase ins Glas hält, desto mehr wird der Geruchseindruck etwas miefig. Also lieber nicht zu lang schnuppern und gleich trinken.

Nein, es schmeckt keineswegs faulig. Auf sehr dezentem Niveau erinnert das Malz sogar ein bisschen an die Aromen von Whisky. Vielleicht heißt es darum ja auch „Fuerte“ (stark), obwohl es nur 5,4 Prozent Alkohol hat. Nach diesem kurzen Eindruck kommt leider nicht mehr viel. Ein ziemlich normales, gut trinkbares, aber charakterloses helles Bier. Ist vermutlich nicht das schlechteste, was man auf Kuba kriegt. Aber extra nach Europa fliegen muss man das Zeug nicht.

Ein Träumchen aus Frankfurt

21:21 Uhr – BraufactuM aus Frankfurt war einer meiner ersten bewussten Berührungspunkte mit neuartigem Craftbeer. Das liegt daran, dass es das Bier im Rewe gab, neben dem ich einst in Aalen direkt gewohnt habe. Im April 2018 habe ich zudem eine meiner ersten (nicht die erste) Bierproben bei BraufactuM am Alexanderplatz in Berlin mitgemacht. Heute soll es ein German Pale Ale von dieser Brauerei geben.

Das ist in einer Drittelliterdose verpackt, die grün scheint, fast schon glitzert. Die knallgrünen Hopfendolden umrahmen eine schwarze Fläche, auf der in Grün und weiß das Brauereilogo und in geschwungener Schrift der Name des Bieres  zu sehen ist. Sieht mir fast ein bisschen zu viel nach Energydrink aus.

Das Bier selbst schmeichelt meinem Auge dann schon mehr, als seine Verpackung: Helles Bernstein mit einem Hauch von Kupfer, sehr trüb und bedeckt von einer schneeweißen, dünnen Schaumschicht. Der Duft ist intensiv und herrlich. Deutlich verströmt der markante Hopfen Aromen von dunklen, süßen Beeren, vermischt mit reifen Zitrusfrüchten. Früchtetee vom Feinsten. Bei den verwendeten Hopfensorten Comet und Callista ist das auch kein Wunder. Sehr schon. Da will man gar nicht aufhören zu riechen.

Im Geschmack sind weiterhin die dunklen Beeren dominant. Das sind aber wirklich süße Beeren, also keine sauren Johannisbeeren oder so, sondern eher reife Brombeeren oder Heidelbeeren. Das Pale Ale hat einen wunderbar weichen, fruchtigen Geschmack, der im Abgang richtig ins Prickeln kommt. Dank einer fein abgestimmten Hopfenherbe gerät es aber nicht in Verdacht, eigentlich ein Fruchtsaft zu sein. Die Herbe kitzelt kurz angenehm am Gaumen, zeigt sich dann wieder in Form von leicht bitteren Zitrusschalen im Nachgeschmack. Mit steigender Trinkdauer und Temperatur zeigt sich der vollmundige Malzkörper immer mehr, aber ohne penetrant zu werden. Ein wirklich sehr gutes Pale Ale mit 5 Prozent Alkohol, eines meiner Favoriten. Lecker!

Oans, zwoa, gsuffa

19:49 Uhr – Zum heutigen Weißwurstvesper gibt’s einen echten bayerischen Klassiker: Bier aus dem Staatlichen Hofbräuhaus in München. Allerdings gönne ich mir heute nicht das weltberühmte „Original“, sondern das „Helle Vollbier“. Optisch gefällt mir die Aufmachung der braunen Euroflasche sehr. Meiner Meinung nach ist es hier ganz gut gelungen, einer Traditionsmarke einen modernen Anstrich zu geben – und trotzdem ist auf den ersten Blick zu sehen, dass es sich um ein altehrwürdiges Münchner Bier handeln muss. Dominant sind dunkle Bläutöne, im Hintergrund ist aber die bayerische Flagge mit ihren weißen Rauten weich zu erkennen. Im Zentrum ist das HB-Logo der Brauerei in einer dreidimensionalen Anmutung, inklusive dazugehöriger Krone – beides ebenfalls in Dunkelblau. Außerdem ziert das Wappen des Freistaates Bayern das Etikett.

Im Glas erfüllt das Helle die Erwartungen, die man eben an ein bayerisches Helles hat: Klar, goldgelb, feine Schaumkrone, lebendige, große Kohlensäurebläschen. Mehr muss da ja auch nicht sein, so will man das. Aus dem Glas strömt ein dezenter, leicht malziger Geruch. Das Bier selbst entpuppt sich sofort als sehr süffig und spritziger, die erschnupperte Süße tut das ihre dazu. Die 5,1 Prozente starke Münchner Helle zeigt sich im Abgang leicht säuerlich-herb und auch im Nachgeschmack bleibt eine ganz geringe Hopfenherbe zurück. Das ist natürlich optimal, denn genau dieser Geschmackseindruck macht es so süffig und lässt sofort zum nächsten Schluck ansetzen. Ein sehr solides Biergarten- oder Feierabendbier. Sicher auch im Hofbräuhaus ein Gaumenschmaus.

Tettnanger Glasware

21:50 Uhr – Das heutige Feierabendbier gibt es nur, weil es so schön zum Glas passt. Ich habe nämlich kürzlich einen absolutes Superschnäppchen gemacht und mir einen Karton Biergläser aus der Serie „175 Jahre Tettnanger Hopfen – Feinster Biergenuss“ für sehr kleines Geld gekauft. Das sind sehr moderne, Brewhouse-artige, feine Biergläser, die nach oben etwas weiter werden. Offiziell passen 0,3 Liter rein, aber der Eichstrich ist so weit unten, dass vermutlich fast ein halber Liter in das Glas geht. Ins Tettnanger Glas kommt zur Premiere natürlich ein Tettnanger Bier. Und zwar ein Keller-Pils der Tettnager Kronenbrauerei. Und ja, ich weiß, dass mein neues Glas kein Pilsglas ist.

Die Optik der Halbliter-Bügelflasche folgt der Serie der Tettnager Biere: Schlichtes, komplett weißes Etikett, darauf ein großes, olivfarbenes P in Frakturschrift, darunter der Name des Bieres und die Zutatenliste. Das Bier selbst wirkt recht dünn, die goldgelbe Farbe ist matt und leicht trüb. Dass es trotzdem Lust auf den ersten Schluck macht, verdankt das Getränk aus Bio-Zutaten seiner herrlichen Schaumkrone.

In die Nase strömt ein erfrischender Hopfenduft, in dem neben Kräutern auch ein Hauch von Minze mitzuschwingen scheint. Nicht zu intensiv, aber sehr angenehm im Geruch. Der erste Schluck macht mich etwas ratlos. Ich weiß nicht, was ich vom Keller-Pils halten soll. Ich schwanke zwischen „charakterlos“, „Fehlaroma“, „eher ein Helles“ und „doch ganz schön bitter“ hin und her. Der Reihe nach: Der Körper ist recht dünn, von Malz oder Getreide ist nichts zu spüren. Das ist für ein Pils ja auch ganz vernünftig so. Direkt kitzelt eine hopfige Herbe am Gaumen, die im Abgang aber sofort zu einer leicht seifigen Bittere wird. Zurück bleiben ein würziger, trockener Geschmack und die Lust auf den nächsten Schluck. Also doch irgendwie eine süffige Angelegenheit mit seinen 4,7 Prozent Alkohol. Und ich mag mein neues Glas sehr.  

Frei nach Friedrich Hechelmann

21:16 Uhr – Das Etikett ist einfach cool. Dominant ist die weiße Schärpe, auf der in großen, schwarzen Buchstaben der Name des Bieres, ZUBR, steht. Ins Auge sticht aber der darüber stehende Wisent (polnisch: Zubr), eine europäischer Büffel. Durch seine massige Statur, seine Hörner, sein zotteliges Fell und seinen muskulösen Nacken wirkt das Tier bedrohlich, der Blick sieht aber eher nach freundlicher Neugierde aus. Das Wisent steht auf einer Waldlichtung, genauer gesagt auf einem Farn. Hinter ihm fällt Sonnenlicht in das tiefe Grün. Es erinnert mich an ein Kunstwerk von Friedrich Hechelmann. Da die Brauerei aus Białystok in Ostpolen kommt, dürfte das Motiv wohl im Białowieża-Urwald stattfinden. Soweit zur Optik der Halbliterflasche.

Das Wisent-Bier ist sehr klar und schimmert dabei rötlich bis bernsteinfarben. Es steigen wenige, aber recht große Blasen auf. Bedeckt ist das Ganze von einer üppigen weißen Schaumkrone, die aber rasch zusammenfällt. Es hat einen recht typischen Biergeruch, malzig aber nicht süß, ganz leicht nach herben Kräutern.

Der Antrunk ist unspektakulär, fast ein bisschen langweilig. Erst nach einer Weile verbreiten sich sanfte, malzige Röstaromen im Mundraum. Eine dezente Herbe passt ganz gut dazu, im Nachgeschmack bin ich allerdings unsicher, ob diese eher alkoholisch-bitter oder herb nach Kräutertee schmeckt. Würzig und süffig ist das 6 Prozent starke Bier auf jeden Fall. Insgesamt ein solider Vertreter seiner Gattung, gut trinkbar, aber nichts besonders. Das Highlight bleibt das Zottelvieh auf dem Etikett.

Schaf im Wolfspelz

20:34 Uhr – Heute mal was Klassischen aus heimischen Gefilden: Das Kronburger Hell von der Brauerei Kronburg. Auf dem Etikett ist eine goldene Krone über der gemalten Burg mit sehr rotem Dach und sehr grünen Buschen zu sehen. Umrandet wird das Ganze von einem breiten goldenen Rand. Diese Optik ist sowas von klassisch, dass das Bier echt wie aus dem letzten Jahrtausend wirkt. Nicht so mein Ding.

Das Getränk selbst sieht natürlich genau so aus, wie man es von einem bayerischen Hellen erwartet: Klar, goldgelb, lebendige Kohlensäure und prächtige Schaumkrone. Da gibt es nichts auszusetzen. Auch der Geruch passt zum Bild. Er ist sehr dezent, dabei süßlich malzig und macht unglaublich viel Lust auf einen großen Schluck Bier.

Dieser läuft recht gut die Kehle runter, Prädikat: süffig. Der süßliche, milde Geschmack von trockener Gerste und die spritzige Kohlensäure  machen das Kronburger Hell zu einem sehr ordentlichen Durstlöscher. Im Abgang und Nachgeschmack kommt eine ganz leichte Hopfenherbe dazu, das gibt dem Bier noch eine interessante zweite Ebene. Wirklich ein sehr gutes Feierabendbier ohne viel Schnickschnack, ein einfaches aber feines Helles mit 5 Prozent Alkohol. Das Glas ist beinahe in Rekordzeit leer – und ich habe leider kein zweites Fläschchen aus Kronburg im Kühlschrank.

Rötliches vom Colorado River

21:09 Uhr – Jetzt bin ich schon wieder drei Wochen aus Mexiko zurück, und eigentlich hatte ich auch vor, an dieser Stelle ein paar Reiseberichte zu schreiben. Aber der Alltag holt einen dann doch brutal schnell wieder ein. Vielleicht schaffe ich es in den nächsten Wochen aber ja doch noch. Was auf jeden Fall schon klappt, ist das Verköstigen von mexikanischem Bier. Ich habe nicht viel mitgebracht, aber doch ein paar Fläschchen und Dosen. Zu allen diesen Bieren gibt es dann auch eine persönliche Geschichte – außer zum Border Amber Ale von Cucapá. Das habe ich nur am letzten Abend gekauft, weil noch Platz im Koffer war. Es ist aber immerhin ein mexikanisches Bier einer Mikro-Brauerei aus Baja California. Das hört sich ja auch nach Sonne und glücklichen Stunden an. Benannt ist die Brauerei übrigens nach den Cucapá, einem der fünf indigenen Völker, die dort im Norden Mexikos an der heutigen US-Grenze beheimatet waren.

Das Border Amber Ale ist in einer braunen Drittelliterflasche zuhause, die mit einem kupferfarbenen Kronkorken verschlossen und einem weißen Etikett beklebt ist. Diagonal über das Etikett läuft von links unten nach rechts oben ein breiter, orangefarbener Balken. Vor dem Balken sind petrolfarben die Silhouetten mehrerer Menschen in der Rückenansicht zu sehen, die sich die Arme über die Schulten und um die Hüften legen. Vielleicht handelt es sich um einem traditionellen Tanz, vielleicht läuft auch eine betrunkene Gruppe nach zu vielen Amber Ales zufrieden nach Hause.

Im Glas zeigt sich ein absolut schönes, dunkel kupferfarbenes, mattes Bier, das leider nur sehr wenig Schaum entwickelt und optisch etwas an Spritzigkeit vermissen lässt. Es steigen mal zumindest kaum Bläschen. Es riecht süß nach Honig und Süßholz, teigigem Malz und ganz leicht nach Tabak. Das 4,5 Prozent starke Cucapá schmeckt malzig-mild, sehr ausgeglichen und leicht. Ich meine da etwas blumiges erkennen zu können, irgendwie erinnert es mich an Rosen (ich habe noch nie eine Rose gegessen). Von Herbe oder Hopfen keine Spur, aber das ist in dem Fall gar nicht schlimm. Minimale Röstaromen und ein Hauch von Rauch sorgen dafür, dass es trotz seiner fehlenden Spritzigkeit nicht zu schnell langweilig wird.