Pater Witsel

19:52 Uhr – Nachdem ich das Spiel Belgien gegen Brasilien am Freitag verpasst habe, freue ich mich jetzt umso mehr auf das Halbfinale zwischen Frankreich und Belgien. Ich hoffe auf ein richtig gutes Spiel, viel Spektakel und Tore – und es ist mir eigentlich egal, wer ins Finale kommt. Biertechnisch halte ich mich allerdings auch heute wieder an Belgien. Mein letztes belgisches Bier hat zwar nicht geschmeckt, aber den Belgiern immerhin einen Sieg gegen England beschert.

Nachdem ich vor Monaten schon mal ein Bier aus dem Hause Ename für gut befunden habe, probiere ich heute das Ename Pater. Es steckt wieder in einer Steiniflasche, die mit einem dezenten, beigefarbenen Etikett beklebt ist. Schlicht und klassisch, das kann man so lassen. Der trinkende Mönch ist auch wieder mit von der Partie.

Das Pater ist leicht trüb und goldgelb, bedeckt von richtig viel Schaum. Der Schaum ist recht fest und hält sehr lange. Es riecht süßlich, etwas nach Hefe, vielleicht auch nach Marzipan. Der Geschmack ist sanft herb und irgendwie ein bisschen brotig. Zu dieser ausgeglichenen Malzigkeit gesellt sich ein Hauch von Säure.

Kurz gesagt: Auch dieses Ename ist ein tolles Bier. Aber jetzt muss ich mich echt auf das Spiel konzentrieren!

Irgendwer fliegt gleich

21:03 Uhr – Halbzeit. Noch torlos zwischen England und Kolumbien. Es darf also ruhig etwas Schwung in dieses Achtelfinale kommen. Als kleine Motivationshilfe gönne ich mir das kolumbianische Bier, das mir mein Freund Bastian löblicherweise von seiner letzten Reise mitgebracht hat. Die Kolumbianer gehen mir mit ihrer Art auf dem Platz zwar gerade auf den Keks und meine kolumbianischen Bekannten könnten auch mal wieder auf den Boden der Tatsachen kommen, aber vielleicht gibt das Happy Coca ja auch den Engländern Schwung. Wir werden sehen.

Wie gesagt, das Bier heißt Happy Coca, stammt aus der Hause Nevada Cerveceria und scheint ein helles, obergäriges Bier zu sein. Es wird wohl das erste kolumbianische Bier sein, das ich trinke. Das Etikett ist auf braunes, raues Recycling-Papier gedruckt. Etwas helles Grün, ein bisschen schwarzer Text und eine dunkelgrüne Pflanze. Das könnte eine Coca-Pflanze sein, tippe ich zumindest. Keine Ahnung, wie die in Wirklichkeit aussieht. Im Internet ist allerdings zu lesen, dass das Bier wohl mit gerösteten Coca-Blättern gebraut wurde. Falls nachher wer im Schlafanzug vor eurem Fenster vorbeifliegt: Das bin dann wohl ich.

Das Cerveza ist goldgelb und sehr klar, Schaum entwickelt sich zwar leider kaum, dennoch ist es ganz hübsch anzusehen. Ein intensiver, süßlicher Geruch macht sich sofort rund um das Glas breit. Es fällt mir ziemlich schwer, da etwas herauszuriechen, obwohl es wirklich stark duftet. Elfmeter für England, noch vor dem ersten Schluck. Leicht seifig Fruchtigkeit vielleicht, nicht unangenehm. Vielleicht ist das der Geschmack von Coca.

Da die Kolumbianer ewig diskutieren, nehm ich halt doch mal den ersten Schluck noch vor dem Elfer. Und ich bin überrascht. Es ist mild und leicht, überhaupt nicht süß, malzig oder fruchtig, nur eine ganz sanfte Herbe kann ich ausmachen. Interessant ist, dass da eine Spur von Holz oder Papier zu schmecken ist. Tor für England. Der Nachgeschmack ist dann doch dezent bitter, vielleicht ein bisschen wie zerkaute Blätter. Wenn das wirklich der Geschmack der Coca-Blätter ist, dann ist das sehr interessant.

Ich würde mal sagen: Das ist der Geschmack des Dschungels. Bei weit über 30 Grad und tropischer Feuchtigkeit stelle ich mir das Bier mit seiner gefühlten Trockenheit, seiner leichten Herbe und seinen 5 Prozent Alkohol sehr gut vor. Auch witzig: Der älteste Engländer im Team heißt Young. Ebenfalls erheiternd: Im Stadion trinken irgendwelche bleichen Engländer blasses Fifa-Bier aus durchsichtigen Plastikbechern. Und ich sitze hier mit dem kolumbianischen Kokaintröpfchen und warte auf die erste rote Karte. Auf geht’s!

Belgischer Bierat

20:09 Uhr – Die WM geht ja weiter. Und zwar mit einem richtigen Leckerbissen: England gegen Belgien. Die Tatsachen, dass beide Mannschaften mit der B-Elf spielen, beide schon eine Runde weiter sind und vielleicht sogar ein zweiter Platz in der Gruppe einen einfacheren Turnierverlauf verspricht, lassen jetzt allerdings doch ein eher langweiliges Spiel befürchten. Aber wer weiß.

Auf jeden Fall habe ich mal wieder ein ländertypisches Bier vor mir stehen. Obwohl ich das aktuelle englische Team schon fast sympathisch finde, bin ich doch noch ein bisschen mehr für Belgien. Darum trinke ich ein belgisches Bier. Und vielleicht auch, weil ich kein englisches im Keller hatte. Dieses Bier macht mir allerdings ein bisschen Angst: Es heißt ganz schlicht Piraat, ist ein sogenanntes Triple Hop. Das bedeutet meiner Meinung nach nur, dass es drei Hopfengaben gab. Aber ganz sicher bin ich da nicht. Des Weiteren ist es ein Ale, also ein obergäriges Bier, das unter anderem mit Reis gebraut wurde. Nun aber das Angsteinflößende: Der Piraat hat 10,5 Prozent Alkohol, über den die kleine, bauchige Drittelliterflasche mit dem beinahe kindlichen Etikett hinwegzutäuschen versucht. Ein Piratenschiff mit goldenen Segeln segelt über den Namensschriftzug und ein grasgrünes Meer. Die Brauerei ist übrigens die Brauerei van Steenberge aus Ertvelde.

Das belgische Bier gefällt in einem tiefen Goldgelb, es ist klar und hat eine schöne weiße Schaumkrone. Es riecht tatsächlich intensiv, aber nicht penetrant, nach Hopfen. Allerdings nicht fruchtig wie mancher Amerikaner, auch nicht besonders herb. Der erste Eindruck macht mich schon neugierig. Nun ist sicher ein guter Zeitpunkt, sich den Hopfen näher anzuschauen: Saaz, Tetra und Aurora wurden je zweimal während dem Hopfensieden beigegeben, anschließend wurde mit Cascade kalt gehopft.

Der Piraat zeigt eine interessante Mischung aus malziger Süße und trockener Herbe, die aber nicht extrem Bitter ist. Vielleicht ist es auch Einbildung, weil ich den Alkoholgehalt kenne, aber ich finde schon, dass es recht alkoholisch schmeckt und fast schon ein bisschen im Magen wärmt. Ich glaube, dass das Bier momentan zu kalt ist, um sich richtig zu entfalten. Darum konzentriere ich mich jetzt mal auf den Kick und nehme in der Halbzeitpause den nächsten Schluck.

22:51 Uhr – Nein, auch mit mehr Temperatur kann der Piraat nicht geschmacklich punkten. Tatsächlich wird die alkoholische Schwere sogar deutlicher. So hübsch Flasche, Zusammensetzung und Optik auch sind: Leider schmeckt mir der Priaat nicht. Schade.

Oh Pisse Korea

16:43 Uhr – Kleine Sünden bestraft der liebe Gott sofort. Zum Beispiel so einen kleinen Alltagsrassismus. Stehe ich nämlich letztens so Beim Lidl in der Kassenschlage direkt neben einigen Kartons mit kleinen Bierfläschchen. Tsingtao-Bierfläschchen. Das ist bekanntlich chinesisches Bier – und China spielt nicht bei der WM mit. Aber ich hab mir so gedacht: China, Japan, Korea – die sehen doch eh alle gleich aus. Wird also nichts dabei sein, wenn ich das zum nächsten Koreaspiel trinke.

Was soll ich sagen: Eine Flasche Tsingtao lag auf dem Band, der freundliche junge Herr an der Kasse hat aber sechs plus sechs Mal Pfand eingetippt. Ich hab’s natürlich erst Zuhause bemerkt. Somit sitze ich jetzt vor dem wohl teuersten Tsingtao aller Zeiten und überlege, ob ich deshalb jetzt für Südkorea sein muss. Oder ob ich nur aus reinster Deutschland-Taktiererei für Südkorea sein muss.

Nun gut. Eine kleine grüne Flasche, die ziemlich kompakt bis gestaucht wirkt. Ins Glas ist der Name dies Bieres eingraviert und ein paar chinesische Schriftzeichen. Ich vermute, dass das auch Tsingtao heißt. Könnte aber auch Pekingente heißen. Auf dem grün-roten Etikett ist zwischen zwei goldenen Löwen ein asiatischer Tempel zu sehen. Interessant natürlich: Neben Gerstenmalz ist auch ein kleiner Anteil Reis verbraut.

Das chinesische Bier ist sehr klar und sehr, sehr hell. Es sieht wirklich schon fast wässrig aus. Immerhin hält sich der feinporige Schaum eine ganze Weile. Vielleicht ist das jetzt Einbildung, aber ich finde, dass es ein bisschen nach Reiswaffeln riecht. Der Geschmack überrascht mich durchaus. Das Tsingtao ist ziemlich mild und leicht, dank einer herben Note und genügend Kohlensäure aber sehr erfrischend. Ich muss sagen: Das find ich ganz gut eigentlich! Das kann auf jeden Fall mit vielen Pilsnern mithalten. Zur Beruhigung: Gegründet wurde die Brauerei natürlich von Deutschen in der ehemaligen deutschen Kolonialstadt Tsingtau.

In diesem Sinne: Auf geht’s Korea. Wobei ich die Mexikaner ja schon auch gerne hab.

San Beiranvand

21:00 Uhr – Torlos zur Halbzeit zwischen Spanien und dem Iran. Das war jetzt auch nicht unbedingt so zu erwarten. Schön aber, dass es im Moment in einer Gruppe mit den klaren Favoriten Spanien und Portugal so spannend ist und mit dem Irak scheinbar ein krasser Außenseiter in die nächste Runde drängt. Realistisch gesehen schießt Spanien natürlich in der zweiten Hälfte ein paar Tore und dann ist alles wieder so, wie vermutet. Ich bin natürlich für unsere Freunde aus Persien.

Da ich kein iranisches Bier habe (falls es das überhaupt gibt) muss ich jetzt allerdings trotzdem ein spanisches trinken. Ein absolut unspektakuläres habe ich in meinem Bierkeller ausgegraben, das passt also eigentlich ganz gut zur bisherigen Leistung der Mannschaft: Ein San Miguel aus der kleinen Dose. Das kennt wahrscheinlich jeder, der schon mal in die Nähe der spanischen Grenzen gekommen ist. Landestypisch serviere ich es eiskalt, das geeiste Glas erspare ich mir aber.

Die Dose ist weiß mit goldener Oberseite, darauf zu sehen ist ein stilisierter, goldener Erdball, über den geschwungen in Rot und Grün San Miguel steht. Darunter steht die Biersorte: Premium Especial Original Lager Beer. Mir wäre nicht bekannt, dass es aus dem Hause San Miguel noch ein anderes Bier gibt, ich werde das aber prüfen.

Im Glas ist es sehr klar und farblich passend sehr hell. Der Schaum ist leider sofort verflogen. Man muss ganz schön stark riechen, um einen Geruch wahrzunehmen. Was dann in die Nase kommt, ist schwer zu definieren. Direkt nach Bier riecht es nicht, aber auch nicht fruchtig oder besonders malzig. Im besten Fall könnte man eine leicht ranzige Herbe hineininterpretieren. Auch der Geschmack selbst stellt mich echt vor eine Herausforderung. Nicht, weil es so schlecht wäre, sondern weil es so schwierig zu beschreiben ist. Das ist nichts Halbes und nichts Ganzes. Obwohl es überraschende 5,4 Prozent Alkohol hat, rutscht es ziemlich gut durch, ohne größeren Eindruck zu hinterlassen. Erst im Nachgang macht sich die eingangs erschnüffelte Herbe bereit. Ein seltsames Bier: Gut trinkbar, aber doch auch nicht so richtig gut.

Was ich nun herausgefunden habe, es steht inzwischen 1:0 für Spanien: Es gibt tatsächlich noch eine zweite Sorte San Miguel. Das San Miguel alkoholfrei. Leider bin ich bei der Recherche auch darauf gestoßen, dass San Miguel mitnichten so richtig spanisch ist. Gegründet wurde die Brauerei 1890 von einem Spanier auf den Philippinen. Dort, in Manila, werden inzwischen auch Löwenbräu und Carlsberg gebraut. Wie traurig. Man will sich ja in diese Bierimperien gar nicht so richtig einlesen und erfahren, wer alles zu wem gehört. Das nimmt einem die Lust am Bier. San Miguel wird inzwischen aber wohl tatsächlich in Spanien gebraut, in der fusionierten Brauerei Mahou-SanMiguel. Oje.

Pharao Clemensov

21:03 Uhr – So, 46. Minute, Russland gegen Ägypten und das erste Tor ist gefallen. Ich glaube, dass das eine gute zweite Halbzeit wird. Schon allein, weil man das bei diesem Spiel nicht zu hoffen wagt. Und während einer tollen Fußballdreiviertelstunde darf ein schmackhaftes Bier nicht fehlen. Und weil zwei so ferne Länder gegeneinander kicken, entscheide ich mich doch für ein Heimatbier von der Brauerei Härle aus Leutkirch. Das Clemens Spezial darf es heute sein. Das Bier habe ich natürlich schon bei unterschiedlichen Gelegenheiten bewusster oder unbewusster getrunken. Heute nehme ich es mal genauer unter die Lupe.

Die braune Halbliter-Euroflasche ist mit sehr traditionellen Etiketten beklebt: Auf dem Hals ist der vollbärtige Clemens Härle im Portrait zu sehen, auf dem Flaschenbauch das gezeichnete Brauereigebäude, links davon Gerstenähre und Hopfenblätter und –dolden. Darüber kann man auf einem geschwungenen, rostroten Banner den Namen des Bieres lesen.

Im Glas liegt es bernsteinfarben mit leichtem rötlichem Kupferstich, die Brauerei selbst bezeichnet die Farbe als Dunkelblond. Reichlich Schaum ist auch vorhanden, optisch kann sich das Clemens Spezial also auf jeden Fall sehen lassen. Riechen tut es schwer malzig mit einer schweren Hopfennote und Nuancen von Honig. Im Mund ist es sehr rund und ohne große Kanten, hat dabei aber schon geschmackliche Akzente zu bieten. Zum einen ist da eine erdige bis tonige Malzigkeit, zum anderen eine ganz dezente Herbe, die vor allem ich Nachgeschmack kurz aufflackert, bevor die zweite karamellige Malzwelle anrollt.

Ein ganz ordentliches, aber auch ziemlich schweres (5,4 Prozent) Bier. Es prickelt nicht besonders und ist entsprechend auch nicht gerade erfrischend. Also Sommerbier also nur eiskalt zu empfehlen, aber dann entfaltet es seine vielen Aromen nicht. Das ist also auch keine Lösung. Eher ein Trunk für laue Nächte oder sonnige Herbsttage.

Inzwischen steht es auch schon 3:1.

Denis Cheryshev aus Frankfurt/Oder

21:53 Uhr – Denis Cheryshev also. Ja genau, DER Denis Cheryshev. Das ist der erste Fußballer bei dieser Weltmeisterschaft, den man sich merken könnte. Ist auch ganz einfach zu merken mit der Eselsbrücke „Denis Chery-Chery-shev“ auf die Melodie von „Cheri Cheri Lady“. Zwei Tore beim doch etwas überraschenden russischen 5:0 gegen Saudi Arabien. Aber ich finde es gut, dass Russland zum Auftakt gewonnen hat, das tut der Stimmung bei der WM auf jeden Fall gut. Und vielleicht kommen die mit der Euphorie im Rücken ja sogar in die nächste Runde, das wäre auch kein Fehler.

Ein russisches Bier zur Eröffnung der Weltmeisterschaft war auf die Schnelle leider nicht mehr aufzutreiben (und alleine Wodka trinken find ich jetzt auch unpassend). Aber ich habe eine echte Alternative gefunden. Ein Bier „für die schönen Momente im Leben und wann immer es etwas zu feiern gibt“. Es passt also gut zum Auftakt der WM, das Frankfurter Edles Festbier. Und ich mein, Frankfurt an der Oder ist ja jetzt auch schon ziemlich nah an Russland dran, das kann man fast noch durchgehen lassen, oder?

Das Etikett auf der braunen Halbliterflasche sieht auch wirklich ein bisschen edel aus: Glänzendes Weinrot mit weißer und goldener Schrift, ein goldener Rahmen drumrum und ein goldener Hahn im Zentrum. Nicht so übel. Außerdem (schon wieder!) Alufolie am Hals, in Weinrot und Gold glänzend, aber nicht über den Kronkorken gezogen. Also keine Metallfussel im Mund.

Bernsteinfarben bis leicht rötlich und sehr klar ergießt sich das Festbier ins Glas. Der feine Schaum ist leicht gelblich, er bewegt sich Dank der Kohlensäure. Es riecht – nach Bier. Ein sehr klassischer Geruch, leicht süßlich-alkoholisch, aber auch der Hopfen ist zu erkennen.

Der Geschmack ist rätselhaft: Einerseits ist es doch recht malzig mit leichten Röstaromen, andererseits ist es für ein Festbier auch ganz schön herb, das geht fast in Richtung Pils. Nach ein paar Schlücken meint man fast, dass das edle Gebräu einen leichten Grasstich hat, der aber nicht unangenehm ist. Im Gegenteil: Das Frankfurter ist sehr vollmundig und mit 6 Prozent Alkohol auch schwer, aber trotzdem stimmig und süffig. Die schweren Malztöne ergänzen sich sehr gut mit dem Bitterhopfen, was insgesamt für eine positive Überraschung sorgt. Hätte ich den Russen – pardon: Brandenburgern – gar nicht zugetraut.

WM-Fieber: 36,3°C

21:15 Uhr – Leute, ich kriege langsam ein bisschen Stress. Übermorgen fängt die WM an und ich bin noch überhaupt nicht vorbereitet. Vor vier Jahren war ich schon etwas früher dran. Ich muss jetzt echt noch einiges aufholen, damit ich richtig in Stimmung komme und für das Turnier gerüstet bin. Eben habe ich mal alles durch simuliert und erschrocken festgestellt, dass ich bei ganz vielen Mannschaften gar nicht einschätzen kann, wie stark die sind. Aber das macht so ein Turnier ja auch interessant. Ich setze alle Hoffnungen auf Panama, nachdem Honduras leider nicht dabei ist.

Was ist noch zu tun? Ein großer Spielplan muss natürlich her, auf dem die Ergebnisse ordentlich eingetragen werden können. Außerdem habe ich eigentlich auch immer gerne eine Karte mit den Spielorten und eine chronologische Liste aller Spiele parat liegen. Damit ich weiß, an welchen Tagen ich wann Feierabend machen muss. Und dann gilt es, von Anfang an – Wetter hin, Wetter her – so viele Spiele wie möglich zu sehen, um sich von allen Mannschaften ein Bild zu machen und so viele Geschichten wie nur irgendwie machbar aufzusaugen.

Tippspiele sind natürlich auch wichtig. Ich bin bei zweien angemeldet, da muss man sich natürlich auch ranhalten und will mit seiner Expertise glänzen. Außerdem muss die Giebelfahne gehisst und die Deutschlandtrommel entstaubt werden. Eigentlich hatte ich auch vor, aus dem Land eines jeden WM-Teilnehmers ein Bier zu verköstigen. Aber es ist gar nicht so einfach, an Bier aus dem Senegal oder aus Serbien ranzukommen. Da kann man wohl nix machen. Das wäre ohnehin keine besonders gesunde Idee gewesen.

 

FK Santa Beer Haugesund

21:34 Uhr – Halbzeitpause in der Champions League Qualifikation zwischen Hoffenheim und Liverpool. Aus irgendeinem mir nicht weiter bekannten Grund habe ich beschlossen, dass man da ja mal rein schalten könnte. Und die erste Halbzeit hat richtig Spaß gemacht, sodass ich wohl dranbleiben werde. Normalerweise sind solche endlosen Qualifikationen für den Europapokal während der eigentlichen Sommerpause ja eher ein zähes Ding. Erfreuen kann ich mich allerdings Jahr für Jahr an Teilnehmern aus diversen Ländern. Nicht, weil sie sich zwei Packungen abholen und dann wieder in den Niederungen der zweiten andorranischen Liga verschwinden, sondern weil die Mannschaften teilweise einfach überragende Namen haben. Das sind meine liebsten Zehn aus der aktuellen Runde:

  1. FK Qäbälä (Aserbaidschan)
  2. Cork City (Irland)
  3. Vikingur Göta (Färöer)
  4. FC Santa Coloma (Andorra)
  5. Progres Niederkorn (Luxemburg)
  6. Videoton FC Szekesfehervar (Ungarn)
  7. FC Sheriff Tiraspol (Moldawien)
  8. Europa FC (Gibraltar)
  9. Hapoel Beer Sheva (Israel)
  10. FK Haugesund (Norwegen)

Und während ich das so aufschreibe, kommen mir zwei hervorragende Ideen. Man sollte a) jede dieser Mannschaften einmal bei einem nationalen Heimspiel besuchen. In vielen der Länder war ich noch nie, in den Städten sowieso nicht. Und b) sollte man mit all diesen und vielleicht noch ein paar anderen Teams mit Supernamen (FC Super Power/Thailand, FC Flyeralarm Admira Wacker/Österreich, FC Kiffen 08/Finnland, VV Venlo/Niederlande) ein großes internationales Turnier an den Start bringen. Vielleicht auf dem Ebnat. Mitreisende oder Sponsoren dürfen sich gerne melden.

Und jetzt wäre eben schon fast das 0:2 gefallen – ich muss mich also wieder aufs Spiel konzentrieren!

Privat-Viewing II

20:41 Uhr – So. Bei mir gibt es heute mal wieder ein klassisches Privat-Viewing. Dieser Plan hat sich den Tag über schon abgezeichnet. Spätestens als ich zwei Stunden vor Anpfiff noch zum Edeka gelaufen bin, um Zutaten für meinen Adieu-Obstsalat zu besorgen, war ich mir dann sicher. Was da so alles schon an „Volk“ in bester Fußballlaune rumgepilgert ist, war beeindruckend. Viele junge Leute, bei denen das Spiel mit Sicherheit heute Abend im Vordergrund steht. Aber ich freue mich mit denen, wenn sie heute Abend eine richtig große Party feiern können. Echt. Ich kann gönnen. Und bei so einem Public Viewing kann ja auch einiges passieren, man kann nette Menschen kennenlernen und sich verlieben.

Ich freue mich aber auch, dass ich nicht dabei sein muss.

Ich schaue daheim. Alleine. Auf meinem Sofa. In bunten Badehosen und schwarzen Badelatschen. Mit Traubensaftschorle aus meinem Coca-Cola-EM-Becher vom Achtelfinalspiel in Paris. Möge der Bessere gewinnen. Möge Deutschland der Bessere sein. Auf geht’s!