Pater Witsel

19:52 Uhr – Nachdem ich das Spiel Belgien gegen Brasilien am Freitag verpasst habe, freue ich mich jetzt umso mehr auf das Halbfinale zwischen Frankreich und Belgien. Ich hoffe auf ein richtig gutes Spiel, viel Spektakel und Tore – und es ist mir eigentlich egal, wer ins Finale kommt. Biertechnisch halte ich mich allerdings auch heute wieder an Belgien. Mein letztes belgisches Bier hat zwar nicht geschmeckt, aber den Belgiern immerhin einen Sieg gegen England beschert.

Nachdem ich vor Monaten schon mal ein Bier aus dem Hause Ename für gut befunden habe, probiere ich heute das Ename Pater. Es steckt wieder in einer Steiniflasche, die mit einem dezenten, beigefarbenen Etikett beklebt ist. Schlicht und klassisch, das kann man so lassen. Der trinkende Mönch ist auch wieder mit von der Partie.

Das Pater ist leicht trüb und goldgelb, bedeckt von richtig viel Schaum. Der Schaum ist recht fest und hält sehr lange. Es riecht süßlich, etwas nach Hefe, vielleicht auch nach Marzipan. Der Geschmack ist sanft herb und irgendwie ein bisschen brotig. Zu dieser ausgeglichenen Malzigkeit gesellt sich ein Hauch von Säure.

Kurz gesagt: Auch dieses Ename ist ein tolles Bier. Aber jetzt muss ich mich echt auf das Spiel konzentrieren!

Ein Wochenende mit Bier

21:50 Uhr – Das war ein bieriges Wochenende. Am Freitagabend war ich mit meinen Eltern in Langenargen beim Tag der offenen Flasche im Craftbeer-Geschäft Kommprobier. Dort hat der Brauer Alex Himburg fünf seiner Biere präsentiert. Also haben wir uns fröhlich durch Bavarian, Mandarina, Laguna und Armasi aus Himburgs Braukunstkeller probiert. Alle ziemlich lecker. Außerdem gab es noch ein gewöhnungsbedürftiges Axolotl, eine Berliner Weiße mit Himbeeren. Weil man zwischen 700 verschiedenen Bieren leicht in Probierlaune verfällt, haben wir außerdem noch ein Schneider Weiße Festbier, ein Hopfenstopfer Incredible Pale Ale (fein!) und irgendein Stout getestet.

Am Samstag bin ich dann mit dem Zug nach Stuttgart gefahren und wir haben uns direkt in der Bierothek eingedeckt. Am Abend haben wir dann zum Grillen und Fußballgucken ein Bitter 58 (ein schön herbes Vollbier der Brauerei Rittmayer), ein Winnätuuh (ein Rotbier der Bierschau GmbH), ein Zacke (ebenfalls ein Rotbier, gebraut von Lamm-Bräu), ein Crazy Lazy Hazy (Pale Ale der New Beer Generation) und einen Bärenjäger getrunken. Am Sonntagmittag gab es dann noch sehr dekadent am Neckarufer einen Schwarzwald Michel (Helles von Alpirsbacher Klosterbräu) und ein Lemonale, verfeinert mit Koriander und Zitrusfrüchten (italienische Karma Brauerei). Ein wunderschönes Fläschchen.

Damit sich der Montag auch noch ein bisschen nach Wochenende anfühlt, habe ich in der Abendsonne ein Vogelwuid von Hoppebräu verköstigt. Die Geschichte zum Namen des Bieres geht ungefähr so: Ein junger Brauanfänger, nennen wir ihn Herrn Hoppe, lässt seinen bayerischen Opa sein Gebräu probieren. Es scheint dem alten Herrn zu munden, aber es schmeckt halt ganz anders, als die Hellen oder Weißbiere, die der Opa sonst trinkt. „Vogelwuid“ schmeckt es sogar. Inzwischen gibt es von Hoppebräu eine ganze Serie mit Wuid-Bieren, von Wuidsau bis zur Wuiden Henn.

Das Vogelwuid ist ein IPA, ein obergäriges Starkbier mit 6,5 Prozent Alkohol. Das Etikett auf der langhalsigen Flasche ist petrolfarben bis blau in einer Aquarelloptik, darauf ist die schwarze, detaillierte Zeichnung eines Singvogelkopfes. Ergänzt wird das Gesamtkunstwerk von weißer Schrift, das gefällt mir.

Das Bier ist klar und kupferfarben-golden und hat eine recht schöne Schaumkrone. Es riecht fruchtig, nach Mango, Grapefruit und anderen Zitrusfrüchten. Schmecken tut es leicht nach Mandarinen- oder Orangenschalen, die zwar starke aber angenehme Herbe hält sich brav im Hintergrund. Mit steigender Temperatur tritt die Herbe dann mehr in den Vordergrund und es kommen leicht erdige Aromen dazu. Insgesamt ein sehr ordentliches Geschmackserlebnis!

Irgendwer fliegt gleich

21:03 Uhr – Halbzeit. Noch torlos zwischen England und Kolumbien. Es darf also ruhig etwas Schwung in dieses Achtelfinale kommen. Als kleine Motivationshilfe gönne ich mir das kolumbianische Bier, das mir mein Freund Bastian löblicherweise von seiner letzten Reise mitgebracht hat. Die Kolumbianer gehen mir mit ihrer Art auf dem Platz zwar gerade auf den Keks und meine kolumbianischen Bekannten könnten auch mal wieder auf den Boden der Tatsachen kommen, aber vielleicht gibt das Happy Coca ja auch den Engländern Schwung. Wir werden sehen.

Wie gesagt, das Bier heißt Happy Coca, stammt aus der Hause Nevada Cerveceria und scheint ein helles, obergäriges Bier zu sein. Es wird wohl das erste kolumbianische Bier sein, das ich trinke. Das Etikett ist auf braunes, raues Recycling-Papier gedruckt. Etwas helles Grün, ein bisschen schwarzer Text und eine dunkelgrüne Pflanze. Das könnte eine Coca-Pflanze sein, tippe ich zumindest. Keine Ahnung, wie die in Wirklichkeit aussieht. Im Internet ist allerdings zu lesen, dass das Bier wohl mit gerösteten Coca-Blättern gebraut wurde. Falls nachher wer im Schlafanzug vor eurem Fenster vorbeifliegt: Das bin dann wohl ich.

Das Cerveza ist goldgelb und sehr klar, Schaum entwickelt sich zwar leider kaum, dennoch ist es ganz hübsch anzusehen. Ein intensiver, süßlicher Geruch macht sich sofort rund um das Glas breit. Es fällt mir ziemlich schwer, da etwas herauszuriechen, obwohl es wirklich stark duftet. Elfmeter für England, noch vor dem ersten Schluck. Leicht seifig Fruchtigkeit vielleicht, nicht unangenehm. Vielleicht ist das der Geschmack von Coca.

Da die Kolumbianer ewig diskutieren, nehm ich halt doch mal den ersten Schluck noch vor dem Elfer. Und ich bin überrascht. Es ist mild und leicht, überhaupt nicht süß, malzig oder fruchtig, nur eine ganz sanfte Herbe kann ich ausmachen. Interessant ist, dass da eine Spur von Holz oder Papier zu schmecken ist. Tor für England. Der Nachgeschmack ist dann doch dezent bitter, vielleicht ein bisschen wie zerkaute Blätter. Wenn das wirklich der Geschmack der Coca-Blätter ist, dann ist das sehr interessant.

Ich würde mal sagen: Das ist der Geschmack des Dschungels. Bei weit über 30 Grad und tropischer Feuchtigkeit stelle ich mir das Bier mit seiner gefühlten Trockenheit, seiner leichten Herbe und seinen 5 Prozent Alkohol sehr gut vor. Auch witzig: Der älteste Engländer im Team heißt Young. Ebenfalls erheiternd: Im Stadion trinken irgendwelche bleichen Engländer blasses Fifa-Bier aus durchsichtigen Plastikbechern. Und ich sitze hier mit dem kolumbianischen Kokaintröpfchen und warte auf die erste rote Karte. Auf geht’s!

Belgischer Bierat

20:09 Uhr – Die WM geht ja weiter. Und zwar mit einem richtigen Leckerbissen: England gegen Belgien. Die Tatsachen, dass beide Mannschaften mit der B-Elf spielen, beide schon eine Runde weiter sind und vielleicht sogar ein zweiter Platz in der Gruppe einen einfacheren Turnierverlauf verspricht, lassen jetzt allerdings doch ein eher langweiliges Spiel befürchten. Aber wer weiß.

Auf jeden Fall habe ich mal wieder ein ländertypisches Bier vor mir stehen. Obwohl ich das aktuelle englische Team schon fast sympathisch finde, bin ich doch noch ein bisschen mehr für Belgien. Darum trinke ich ein belgisches Bier. Und vielleicht auch, weil ich kein englisches im Keller hatte. Dieses Bier macht mir allerdings ein bisschen Angst: Es heißt ganz schlicht Piraat, ist ein sogenanntes Triple Hop. Das bedeutet meiner Meinung nach nur, dass es drei Hopfengaben gab. Aber ganz sicher bin ich da nicht. Des Weiteren ist es ein Ale, also ein obergäriges Bier, das unter anderem mit Reis gebraut wurde. Nun aber das Angsteinflößende: Der Piraat hat 10,5 Prozent Alkohol, über den die kleine, bauchige Drittelliterflasche mit dem beinahe kindlichen Etikett hinwegzutäuschen versucht. Ein Piratenschiff mit goldenen Segeln segelt über den Namensschriftzug und ein grasgrünes Meer. Die Brauerei ist übrigens die Brauerei van Steenberge aus Ertvelde.

Das belgische Bier gefällt in einem tiefen Goldgelb, es ist klar und hat eine schöne weiße Schaumkrone. Es riecht tatsächlich intensiv, aber nicht penetrant, nach Hopfen. Allerdings nicht fruchtig wie mancher Amerikaner, auch nicht besonders herb. Der erste Eindruck macht mich schon neugierig. Nun ist sicher ein guter Zeitpunkt, sich den Hopfen näher anzuschauen: Saaz, Tetra und Aurora wurden je zweimal während dem Hopfensieden beigegeben, anschließend wurde mit Cascade kalt gehopft.

Der Piraat zeigt eine interessante Mischung aus malziger Süße und trockener Herbe, die aber nicht extrem Bitter ist. Vielleicht ist es auch Einbildung, weil ich den Alkoholgehalt kenne, aber ich finde schon, dass es recht alkoholisch schmeckt und fast schon ein bisschen im Magen wärmt. Ich glaube, dass das Bier momentan zu kalt ist, um sich richtig zu entfalten. Darum konzentriere ich mich jetzt mal auf den Kick und nehme in der Halbzeitpause den nächsten Schluck.

22:51 Uhr – Nein, auch mit mehr Temperatur kann der Piraat nicht geschmacklich punkten. Tatsächlich wird die alkoholische Schwere sogar deutlicher. So hübsch Flasche, Zusammensetzung und Optik auch sind: Leider schmeckt mir der Priaat nicht. Schade.

Oh Pisse Korea

16:43 Uhr – Kleine Sünden bestraft der liebe Gott sofort. Zum Beispiel so einen kleinen Alltagsrassismus. Stehe ich nämlich letztens so Beim Lidl in der Kassenschlage direkt neben einigen Kartons mit kleinen Bierfläschchen. Tsingtao-Bierfläschchen. Das ist bekanntlich chinesisches Bier – und China spielt nicht bei der WM mit. Aber ich hab mir so gedacht: China, Japan, Korea – die sehen doch eh alle gleich aus. Wird also nichts dabei sein, wenn ich das zum nächsten Koreaspiel trinke.

Was soll ich sagen: Eine Flasche Tsingtao lag auf dem Band, der freundliche junge Herr an der Kasse hat aber sechs plus sechs Mal Pfand eingetippt. Ich hab’s natürlich erst Zuhause bemerkt. Somit sitze ich jetzt vor dem wohl teuersten Tsingtao aller Zeiten und überlege, ob ich deshalb jetzt für Südkorea sein muss. Oder ob ich nur aus reinster Deutschland-Taktiererei für Südkorea sein muss.

Nun gut. Eine kleine grüne Flasche, die ziemlich kompakt bis gestaucht wirkt. Ins Glas ist der Name dies Bieres eingraviert und ein paar chinesische Schriftzeichen. Ich vermute, dass das auch Tsingtao heißt. Könnte aber auch Pekingente heißen. Auf dem grün-roten Etikett ist zwischen zwei goldenen Löwen ein asiatischer Tempel zu sehen. Interessant natürlich: Neben Gerstenmalz ist auch ein kleiner Anteil Reis verbraut.

Das chinesische Bier ist sehr klar und sehr, sehr hell. Es sieht wirklich schon fast wässrig aus. Immerhin hält sich der feinporige Schaum eine ganze Weile. Vielleicht ist das jetzt Einbildung, aber ich finde, dass es ein bisschen nach Reiswaffeln riecht. Der Geschmack überrascht mich durchaus. Das Tsingtao ist ziemlich mild und leicht, dank einer herben Note und genügend Kohlensäure aber sehr erfrischend. Ich muss sagen: Das find ich ganz gut eigentlich! Das kann auf jeden Fall mit vielen Pilsnern mithalten. Zur Beruhigung: Gegründet wurde die Brauerei natürlich von Deutschen in der ehemaligen deutschen Kolonialstadt Tsingtau.

In diesem Sinne: Auf geht’s Korea. Wobei ich die Mexikaner ja schon auch gerne hab.

San Beiranvand

21:00 Uhr – Torlos zur Halbzeit zwischen Spanien und dem Iran. Das war jetzt auch nicht unbedingt so zu erwarten. Schön aber, dass es im Moment in einer Gruppe mit den klaren Favoriten Spanien und Portugal so spannend ist und mit dem Irak scheinbar ein krasser Außenseiter in die nächste Runde drängt. Realistisch gesehen schießt Spanien natürlich in der zweiten Hälfte ein paar Tore und dann ist alles wieder so, wie vermutet. Ich bin natürlich für unsere Freunde aus Persien.

Da ich kein iranisches Bier habe (falls es das überhaupt gibt) muss ich jetzt allerdings trotzdem ein spanisches trinken. Ein absolut unspektakuläres habe ich in meinem Bierkeller ausgegraben, das passt also eigentlich ganz gut zur bisherigen Leistung der Mannschaft: Ein San Miguel aus der kleinen Dose. Das kennt wahrscheinlich jeder, der schon mal in die Nähe der spanischen Grenzen gekommen ist. Landestypisch serviere ich es eiskalt, das geeiste Glas erspare ich mir aber.

Die Dose ist weiß mit goldener Oberseite, darauf zu sehen ist ein stilisierter, goldener Erdball, über den geschwungen in Rot und Grün San Miguel steht. Darunter steht die Biersorte: Premium Especial Original Lager Beer. Mir wäre nicht bekannt, dass es aus dem Hause San Miguel noch ein anderes Bier gibt, ich werde das aber prüfen.

Im Glas ist es sehr klar und farblich passend sehr hell. Der Schaum ist leider sofort verflogen. Man muss ganz schön stark riechen, um einen Geruch wahrzunehmen. Was dann in die Nase kommt, ist schwer zu definieren. Direkt nach Bier riecht es nicht, aber auch nicht fruchtig oder besonders malzig. Im besten Fall könnte man eine leicht ranzige Herbe hineininterpretieren. Auch der Geschmack selbst stellt mich echt vor eine Herausforderung. Nicht, weil es so schlecht wäre, sondern weil es so schwierig zu beschreiben ist. Das ist nichts Halbes und nichts Ganzes. Obwohl es überraschende 5,4 Prozent Alkohol hat, rutscht es ziemlich gut durch, ohne größeren Eindruck zu hinterlassen. Erst im Nachgang macht sich die eingangs erschnüffelte Herbe bereit. Ein seltsames Bier: Gut trinkbar, aber doch auch nicht so richtig gut.

Was ich nun herausgefunden habe, es steht inzwischen 1:0 für Spanien: Es gibt tatsächlich noch eine zweite Sorte San Miguel. Das San Miguel alkoholfrei. Leider bin ich bei der Recherche auch darauf gestoßen, dass San Miguel mitnichten so richtig spanisch ist. Gegründet wurde die Brauerei 1890 von einem Spanier auf den Philippinen. Dort, in Manila, werden inzwischen auch Löwenbräu und Carlsberg gebraut. Wie traurig. Man will sich ja in diese Bierimperien gar nicht so richtig einlesen und erfahren, wer alles zu wem gehört. Das nimmt einem die Lust am Bier. San Miguel wird inzwischen aber wohl tatsächlich in Spanien gebraut, in der fusionierten Brauerei Mahou-SanMiguel. Oje.

Pharao Clemensov

21:03 Uhr – So, 46. Minute, Russland gegen Ägypten und das erste Tor ist gefallen. Ich glaube, dass das eine gute zweite Halbzeit wird. Schon allein, weil man das bei diesem Spiel nicht zu hoffen wagt. Und während einer tollen Fußballdreiviertelstunde darf ein schmackhaftes Bier nicht fehlen. Und weil zwei so ferne Länder gegeneinander kicken, entscheide ich mich doch für ein Heimatbier von der Brauerei Härle aus Leutkirch. Das Clemens Spezial darf es heute sein. Das Bier habe ich natürlich schon bei unterschiedlichen Gelegenheiten bewusster oder unbewusster getrunken. Heute nehme ich es mal genauer unter die Lupe.

Die braune Halbliter-Euroflasche ist mit sehr traditionellen Etiketten beklebt: Auf dem Hals ist der vollbärtige Clemens Härle im Portrait zu sehen, auf dem Flaschenbauch das gezeichnete Brauereigebäude, links davon Gerstenähre und Hopfenblätter und –dolden. Darüber kann man auf einem geschwungenen, rostroten Banner den Namen des Bieres lesen.

Im Glas liegt es bernsteinfarben mit leichtem rötlichem Kupferstich, die Brauerei selbst bezeichnet die Farbe als Dunkelblond. Reichlich Schaum ist auch vorhanden, optisch kann sich das Clemens Spezial also auf jeden Fall sehen lassen. Riechen tut es schwer malzig mit einer schweren Hopfennote und Nuancen von Honig. Im Mund ist es sehr rund und ohne große Kanten, hat dabei aber schon geschmackliche Akzente zu bieten. Zum einen ist da eine erdige bis tonige Malzigkeit, zum anderen eine ganz dezente Herbe, die vor allem ich Nachgeschmack kurz aufflackert, bevor die zweite karamellige Malzwelle anrollt.

Ein ganz ordentliches, aber auch ziemlich schweres (5,4 Prozent) Bier. Es prickelt nicht besonders und ist entsprechend auch nicht gerade erfrischend. Also Sommerbier also nur eiskalt zu empfehlen, aber dann entfaltet es seine vielen Aromen nicht. Das ist also auch keine Lösung. Eher ein Trunk für laue Nächte oder sonnige Herbsttage.

Inzwischen steht es auch schon 3:1.

Freibier per Post

18:12 Uhr – Hach, welch eine Freude: Als ich heute nach Hause kam lag vor meiner Wohnungstür ein kleines, weißes Paket. „Welcome tot he Craft Beer Revolution“ stand darauf – meine Freibierlieferung ist angekommen! Bis zuletzt hatte ich nur schwach daran geglaubt, dass Brewdog tatsächlich kostenloses Bier portofrei verschickt. Aber: Sie haben es gemacht. Herzlichen Dank!

Im Paket habe ich zwei Flaschen Punk IPA gefunden. Das weiße Etikett mit petrolfarbenem „IPA“-Stempel im Hintergrund und schwarzem Text im Vordergrund sieht modern aus, ist für meinen Geschmack aber ziemlich überladen. Der größere Text ist vertikal geschrieben, der horizontale Text ist sehr, sehr klein und sehr, sehr viel. Was soll‘s. Ich habe ja schließlich ein Bier bekommen und kein Buch.

Das IPA selbst gefällt mir dann schon viel besser. Es ist klar und richtig schön goldgelb bis bernsteinfarben, dazu von einem grobporigen Schaum bedeckt – also alles, wie es sein soll. Das Bier der schottischen Brauerei riecht sehr intensiv und dabei fruchtig nach Ananas, Mango und Zitrusfrüchten.

Geschmacklich ist es erst ziemlich herb und trocken, die Bittere verschwindet aber schnell. Süßliche Malzaromen hat es gar nicht, auch sonst kommt an Geschmack neben dem Hopfen nicht viel durch. Aber das ist nicht schlecht, denn die angenehm fruchtigen Hopfenaromen machen das 5,6 Prozent starke Bier sehr frisch und erfrischend. Insgesamt vielleicht kein außergewöhnliches IPA, aber nichtsdestotrotz ein ziemlich gutes, um den senegalesischen Kantersieg gegen Polen zu verfolgen.

Bienchen summ

21:21 Uhr – Die 0,5 Liter Bügelflasche mit dem grünen Dichtungsgummi wirkt schon rustikal, dazu das ovale rotumrundete Etikett, das neben einem altmodischen Wappen das Foto eines älteren Herrn mit Schnauzer zeigt, das mit Moritz Fiege Gründer überschrieben ist. Moritz Fiege ist laut kleiner Kennzeichnung der Name des Herrn auf dem Etikett und gleichzeitig auch der Name der Brauerei aus Bochum. In deren seit 1736 andauernden Historie gab es wohl mehrere Herren, die den Namen Moritz trugen. Ich schließe aus, dass der auf dem Foto der Gründer ist. Soweit ich weiß, gab es im 18. Jahrhundert noch keine Fotografie. Wenn man in der Ahnengalerie stöbert wird aber klar, dass der Moritz Fiege vom Etikett in Wirklichkeit Johann Fiege hieß. Ganz schön verwirrend alles. Trinken wir lieber.

Das Gründer ist sehr klar und goldgelb mit einem ergiebigen und langlebigen Schaum. Es riecht süßlich-malzig, fast schon leicht blumig und mit einem Hauch von Honig. Der erste Schluck lässt jegliche Herbe vermissen, hinten auf der Zunge schmeckt das Bier aber tatsächlich total nach Honig. Also nicht so, wie wenn man jetzt Honig löffeln würde – es ist ja auch gar nicht süß. Aber das Aroma ist unverkennlich. Auch im Nachgeschmack ist ganz klar wieder Honig zu schmecken und jetzt sogar eine ganz, ganz dezente Hopfenbittere. Zurück bleibt ein trockener Mund, der beinahe vergessen lässt, dass man soeben getrunken hat. Und schon nimmt man den nächsten Schluck.

Den würde man aber ohnehin nehmen, denn das Moritz Fiege Gründer ist ein sehr leckeres und auch sehr überraschendes Bier: Wer hätte gedacht, dass aus dieser konservativen Flasche so ein kreatives Getränk kommt.

Denis Cheryshev aus Frankfurt/Oder

21:53 Uhr – Denis Cheryshev also. Ja genau, DER Denis Cheryshev. Das ist der erste Fußballer bei dieser Weltmeisterschaft, den man sich merken könnte. Ist auch ganz einfach zu merken mit der Eselsbrücke „Denis Chery-Chery-shev“ auf die Melodie von „Cheri Cheri Lady“. Zwei Tore beim doch etwas überraschenden russischen 5:0 gegen Saudi Arabien. Aber ich finde es gut, dass Russland zum Auftakt gewonnen hat, das tut der Stimmung bei der WM auf jeden Fall gut. Und vielleicht kommen die mit der Euphorie im Rücken ja sogar in die nächste Runde, das wäre auch kein Fehler.

Ein russisches Bier zur Eröffnung der Weltmeisterschaft war auf die Schnelle leider nicht mehr aufzutreiben (und alleine Wodka trinken find ich jetzt auch unpassend). Aber ich habe eine echte Alternative gefunden. Ein Bier „für die schönen Momente im Leben und wann immer es etwas zu feiern gibt“. Es passt also gut zum Auftakt der WM, das Frankfurter Edles Festbier. Und ich mein, Frankfurt an der Oder ist ja jetzt auch schon ziemlich nah an Russland dran, das kann man fast noch durchgehen lassen, oder?

Das Etikett auf der braunen Halbliterflasche sieht auch wirklich ein bisschen edel aus: Glänzendes Weinrot mit weißer und goldener Schrift, ein goldener Rahmen drumrum und ein goldener Hahn im Zentrum. Nicht so übel. Außerdem (schon wieder!) Alufolie am Hals, in Weinrot und Gold glänzend, aber nicht über den Kronkorken gezogen. Also keine Metallfussel im Mund.

Bernsteinfarben bis leicht rötlich und sehr klar ergießt sich das Festbier ins Glas. Der feine Schaum ist leicht gelblich, er bewegt sich Dank der Kohlensäure. Es riecht – nach Bier. Ein sehr klassischer Geruch, leicht süßlich-alkoholisch, aber auch der Hopfen ist zu erkennen.

Der Geschmack ist rätselhaft: Einerseits ist es doch recht malzig mit leichten Röstaromen, andererseits ist es für ein Festbier auch ganz schön herb, das geht fast in Richtung Pils. Nach ein paar Schlücken meint man fast, dass das edle Gebräu einen leichten Grasstich hat, der aber nicht unangenehm ist. Im Gegenteil: Das Frankfurter ist sehr vollmundig und mit 6 Prozent Alkohol auch schwer, aber trotzdem stimmig und süffig. Die schweren Malztöne ergänzen sich sehr gut mit dem Bitterhopfen, was insgesamt für eine positive Überraschung sorgt. Hätte ich den Russen – pardon: Brandenburgern – gar nicht zugetraut.