I U N G A

20:45 – Mein neustes Brauergebnis ist das Iunga. Und das ist wirklich ein Experimentier-Bier. Ich habe beim Brauen zum einen übrigen Hopfen aufgebraucht, zum anderen ein paar Dinge ausprobiert. So habe ich zum Beispiel ein bisschen Rotmalz für die Farbe beigemischt, außerdem Haferflocken für einen noch schöneren Schaum. Optisch war also das Ziel, ein leicht rötliches Bier mit schöner Schaumkrone zu kreieren. Übrig hatte ich noch die Hopfensorten Yellow Sub (vom Bärenjäger) und Iunga (vom Gänseblümchen). Die Aromen der Hopfen sollen fruchtig (Yellow Sub) bis beerig und bitter (Iunga) sein. Ein fruchtig-herber Geschmack in Richtung IPA schien also machbar.

Nun, der Name des Bieres ist auf einigen Umwegen zustande gekommen, Schuld sind die Hopfensorten. Yellow Sub erinnert natürlich an von den Beatles besungene gelbe Unterwasserboot, Iunga ist polnisch und bedeutet unter anderem Schiffsjunge. Weil in Bier auch viel Wasser ist, lang ein Biername mit passendem Etikett mit Bezug zur Seefahrt nahe. Wie es dann so läuft, auch nach den ersten Verkostungen – irgendwie ist es kein Seefahrerbier geworden. Viel zu wenige Kanten, zu wenig Sturm. Iunga hört sich geheimnisvoll an und ist nicht vorbelastet. Also sollte das Bier Iunga heißen. Fein. Das Etikett ziert eine Zeichnung von Chac Mo’ol, einer prekolumbianischen Gestalt aus Mexiko.  Die anfängliche (und passende) Idee, dass es sich um den Wasser- und Regengott der Maya handelt, stimmt so wohl leider nicht – auch wenn die Quellenlage nicht so klar ist. Gehen wir einfach davon aus, dass der Gute in der Schale, die er da auf seinem Bauch hat, ein kühles Bierchen hat. Dann passt das schon. Und Bier ist auch appetitlicher als geopfert Kinderherzen, die wohl eigentlich in dieses Schälchen gehört haben.

Nun, Zeit, das Iunga ausführlich zu testen. Und zunächst trinkt immer das Auge mit: Das Bier ist wunderschön. Total klar, mit lebendiger Perlung und farblich zwischen heller Kastanie und Kupferrot. Der reichliche weiße Schaum ist grobporig und hält sich sehr gut. Ich habe natürlich sehr vorsichtig eingeschenkt, in der Flasche befindet sich noch einiges an Bodensatz. Das nächste Glas wird dann nicht mehr so klar, sondern eher sehr trüb sein. Aber auch das hat ja seinen optischen Reiz.

Das Iunga riecht leicht süßlich-malzig, aber auch etwas muffig. Leichte Röstaromen mit angedatschter Aprikose vielleicht. Aber wir wollen mal nicht zu viel in den gar nicht so intensiven Duft hineininterpretieren. Der Geschmack ist sehr rund, aber äußerst schwierig zu beschreiben. Das obergärige Bier ist vollmundig und man merkt ihm seine Stärke von rund 6,5 Prozent Alkohol schon an. Das Malz schmeckt man gut, aber ohne störende Süße oder Schwere. Im Abgang macht sich eine gewisse trockene Erdigkeit (Steinobst?) im Mund breit, zusammen mit einer dezenten Herbe. Am Gaumen kitzelt sogar eine minimale Säure.

Was soll ich sagen? Dafür, dass es ein Versuch ohne höhere Hoffnungen war, ist es ganz schön gut geworden. Ein schönes, herbes und schweres Bierchen, das echt zum herbstlichen Genießen einlädt. Dass es dazu noch so schön aussieht, ist natürlich toll. Ich hab noch ein paar Fläschchen davon rumstehen, falls also wer probieren will – das ist eine Einladung. Und vielleicht lohnt es sich sogar, auf der Iunga-Grundlage ein bisschen weiter zu experimentieren, das hat meiner Meinung nach Potenzial.

Gänseblümchen

21:37 Uhr – Ich bin ja ein Fan von Gänseblümchentee. Die Blümchen wachsen biologisch und düngerfrei auf jeder Wiese, man kann sie völlige legal ernten, leicht trocknen und mit heißem Wasser zu einem wohlschmeckenden und gesunden Trunk aufgießen. Was lag da näher, als ein Bier mit Gänseblümchen zu kreieren? Die Idee: Ein helles, nicht zu starkes, obergäriges Sommerbier mit ordentlicher Hopfennote aber nicht zu viel Herbe. Blumig sollte es werden, ein wenig nach Heu oder Honig vielleicht. Entsprechend habe ich die Hopfensorten Mount Hood, Brewers Gold und Iunga ausgesucht.

Dann die Flasche wieder ein Gesamtkunstwerk. Zusammen mit meinem Künstlerfreund Markus habe ich jedes einzelne grüne Fläschchen mit Moosgummiplatten und Acrylfarbe bedruckt: Auf der einen Seite schlicht in weißer Schrift das Wort BIER, auf der anderen Seite ein einzelnes weißes Gänseblümchen mit gelbem Kern. Natürlich hat auch der weiße Kronkorken einen gelben Punkt erhalten, um an ein Gänseblümchen zu erinnern. Um dem Trinker die wichtigsten Informationen nicht vorzuenthalten, hat jede Flasche ein grünes Zettelchen an den Hals bekommen, das man mit etwas Fantasie als Blatt sehen könnte. Soweit, so gut. Über den Sommer habe ich natürlich schon ein paar Gänseblümchen getrunken. Unter richtigen Test-Bedingungen musste es sich aber noch nie zeigen. Jetzt ist es soweit.

Goldgelb und recht klar ist es geworden das Gänseblümchen, eine sehr schöne Bierfarbe (wenn auch einen Tick dunkler als geplant). Der grobporige Schaum ist viel und er geht nur langsam zurück, auch das ist optisch schön. Nicht schlimm, aber eben nicht so hübsch ist, dass das Gänseblümchen selbst nach monatelanger Stehendlagerung um äußerst vorsichtigem Einschenken gewisse Schwebstoffe hat, die das Bier zwar nicht trüben, die aber eben doch unterwegs sind.

Der Geruch ist ziemlich intensiv, tatsächlich ein bisschen blumig und mit einem Hauch von Honig. Mehr jedoch riecht es nach reifen, roten Beeren, sogar Kiwi könnte dabei sein. Der Geschmack ist eine ziemliche Wucht, was der starke Geruch schon erahnen ließ. Als sommerlich, leicht, spritzig oder blumig kann man es allerdings wohl kaum bezeichnen. Es hat eine flache, aber relativ starke Herbe, direkt die volle Breitseite. Der Geschmack erinnert an kalten Schwarztee. Die Bitterkeit ist auch sofort zu schmecken, im Abgang wird sie sogar noch stärker, dazu gesellt sich eine leichte Honigsüße. Zurück bleibt ein trockener Mund.

Nun, ein schlechtes Bier ist es nicht geworden. Nur ist der Plan eben nicht ganz aufgegangen. Ein wenig Heu und Honig ist da schon, ein leichtes Sommerbier mit blumigen Aromen ist es aber nicht geworden. Schon eher ein ziemlich herbes IPA, aber eines ohne fruchtige Aromen. Vielleicht genau das richtige für den Hebst. Ich bin nicht unzufrieden.

Landgang, Ahoi

18:29 Uhr – Samstagabend, Sportschau – das ist doch eine gute Zeit, mal wieder ein Bier zu probieren und euch vorzustellen. Dazu habe ich mir ein Pils aus dem schönen Hamburg ausgesucht, das Landgang Craft-Bier Pils der Landgang Brauerei. Auf der Drittelliterflasche klebt ein kräftig grünes Etikett, auf dem die schwarz-weiß Zeichnung eines Matrosen mit Schnauzbart zu sehen ist, der mit dem linken Zeigefinger auf den Genießer (mich) zeigt. Auf seinem Matrosen-Käppi ist das gleiche Piktogramm einer Hopfendolde zu sehen, das auch den Kronkorken ziert. Auf Mittel-, Ring- und kleinem Finger der linken Hand hat der Herr die Buchstaben HBP tätowiert. Für was das steht? Keine Ahnung. Mein Tipp: Hopper Bräu Pils.

Im feinen Pilsglas zeigt sich das Landgang in einem klaren Goldgelb, genau so, wie ein Pils aussehen muss. Etwas schade ist, dass ich kaum Schaum hingekriegt hab. Und der wenige war blitzschnell weg. Der Geruch ist nicht besonders stark, hopfig mit einer leicht blumigen Süße.

Geschmacklich ist das Landgang ein sehr eindeutiges Pils, leicht trocken und mit deutlicher aber angenehmer Herbe und kaum auffälligen Malzaromen. Die Hopfennote hat tatsächlich etwas florales, blumiges, vielleicht leicht heuiges. Was mir gut gefällt ist, dass das 4,9 Prozent starke Bier sehr geradlinig daherkommt, ohne viele Ecken und Kanten. Genau das richtige für einen leichten Bierdurst.  Auch der Abgang ist pilstyptisch hopfig, dazu gesellt sich jetzt auch ein Hauch von Malz auf der Zunge, der eine ganze Weile dort bleibt. Ein gelungenes Gebräu!

A 16er-Blech

19:49 Uhr – Wien ist die lebenswerteste Stadt der Welt, das können wir heute den Medien entnehmen. Ein guter Anlass also, sich einem Bierchen aus der österreichischen Bundeshauptstadt hinzugeben.

Ottakring ist der 16. Wiener Gemeindebezirk. Der noch in der Nachkriegszeit Verslumungstendenzen aufweisende Bezirk im Westen der Hauptstadt erfuhr seit der Jahrtausendwende einen Aufschwung. Die zentrumsnahen Bezirksteile profitierten von einer Revitalisierung öffentlicher Räume und der Etablierung eines regen Kulturbetriebs, während die Eröffnung der U3-Endstelle in Alt-Ottakring einen für die äußeren Bezirksteile wichtigen Impuls brachte. Als charakteristisch für den traditionellen Arbeiterwohn- und Industriebezirk Ottakring wird heute seine Multikulturalität und wachsende Urbanität gesehen.

Die Ottakringer Brauerei ist eine unabhängige Großbrauerei im 16. Wiener Gemeindebezirk, Ottakring.

Im Wiener Dialekt wird insbesondere im Zusammenhang mit einer Bestellung beim Würstelstand nach wie vor häufig die Formulierung „A Eitrige, an Bugl und a 16er-Blech“ für „Eine Käsekrainer, ein Brotendstück und eine Dose Ottakringer Bier“ verwendet. (Wikipedia)

Dieses sogenannte 16er-Blech ist dann wohl die Bierdose, die ich jetzt vor mit stehen hab. Sie ist vor allem gelb, groß ist das Ottakringer-Logo in Schwarz und sehr dunklem Grün zu sehen. Außerdem in Gold das Wasserzeichen eines Gebäudes, das ich nicht erkenne. Auch hier lobenswert, weil ich total drauf stehe: Der Dosendeckel ist golden. In der Dose befindet sich Ottakringer Helles.

Das Bier ist ziemlich hellgold und außerordentlich klar, bedeckt von einem standesgemäßen Schaum. Es riecht nicht besonders intensiv, leicht malzig nach Bier. Im Antrunk ist es recht mild, mit einer malzig bis blumigen Süße. Im Mund gesellt sich eine gut abgestimmte Würzigkeit dazu, mit einem Hauch von Honig. Im Abgang und im Nachgeschmack kommt eine angenehme Herbe hinzu.

Das Ottakringer Helle ist eine ausgewogene, runde Sache. Ein ganz gutes Helles, das zwar einerseits sehr massenkompatibel scheint, andererseits deswegen aber auch ein bisschen langweilig ist.

Texanischer Langweiler

21:17 Uhr – Am Geburtstag meines Opas trinke ich natürlich ein Bier aus dem gelobten Amerika. Ob mein Opa jemals in Austin war, weiß ich nicht. Dieses Bier kommt aber wohl von dort, denn es heißt Austin Amber Beer und wurde von der Independence Brewing Company in eine hauptsächlich rote Dose gefüllt. In Gelb und Weiß kann ich ein stilisiertes Gebäude erkennen. Oder einen Kaktus. So genau kann man das jetzt auch nicht sagen.

Das Amber hat eine hellbraune Farbe, sieht aber relativ dünn aus. Der Schaum ist großporig und sehr lebhaft, allerdings geht er auch ziemlich schnell zurück. Riechen tut das Bier mit unbekanntem Alkoholgehalt überraschend intensiv: Süßlich, wenig fruchtig, eher nach Karamell oder Brotaufstrich.

Der Geschmack überrascht dann schon wieder. Von der erwarteten Süße ist nämlich zunächst nichts zu schmecken. Der Texaner ist eher wässrig mit einer leichten Herbe. Mit der Zeit kommt das Getreide durch, auch mit einer leicht brotigen Süße. Erst im Nachgang kommen malzige Röstaromen zur Entfaltung.  Leider muss man sagen, dass sich für dieses Getränk die lange Reise über den großen Teich nicht wirklich gelohnt hat.

Ein Überquell der Freude

19:28 Uhr – Während ich ein Gewitter höre, das weit vor den Toren Ravensburg zu toben scheint, sitze ich schwitzend auf meinem Balkon und erinnere mich zurück an die letzten Tage in Hamburg. Dort habe ich nämlich auch sehr viel geschwitzt. Dank Bäumen auf den Gleisen und der Deutschen Bahn hätte ich es zwar fast nicht bis in die Hansestadt geschafft, dann war es aber umso netter.

In Hamburg habe ich neben meinen dorthin abgewanderten Freunden auch Freunde aus dem Auslandssemester getroffen: Anja aus dem Ruhrgebiet und Manuel und Rogelio aus Mexiko. Letztere beide auf dem Weg aufs Wacken-Festival. Es hat mich sehr gefreut, wie gut wir uns nach 8 bzw. 3 Jahren direkt wieder verstanden haben. Das Wetter hat natürlich auch das seine zur guten Laune beigetragen: Zweimal am Strand gewesen, Schiffchen gefahren, lange im Schatten vor einem Fischimbiss gesessen, nachts durch die Speicherstadt gezogen und im „No Name“ eingekehrt. Besonders positiv wird mir allerdings der Biergarten der ÜberQuell Brauerei direkt am Fischmarkt in Erinnerung bleiben. Dort war es so nett, dass wir nach dem Sonntagabend direkt auch den Montagabend dort verbracht haben. Und natürlich habe ich ein Überquell mit nach Ravensburg kutschiert.

Das ÜberQuell Supadupa IPA ist – tada – ein IPA. Das Design ist äußerst hübsch. Auf einem petrol-schwarzen Muster ist ein riesengroßes, neonrotes Ü zu sehen. Das Innere vom U hat dabei die Form einer Bierflasche. Auch im Glas ist es hübsch bernsteinfarben mit ausreichendem Schaum.

Der Geruch: wahnsinnig intensiv und hopfig, nach tropischer Frucht und Tannennadeln. Der erste Schluck ist dann schon sehr herb, aber nicht unangenehm. Von der Fruchtigkeit ist nicht viel übrig, ein gewisses Waldaroma dagegen schon. Im Nachgeschmack kommt eine harzige Malznote dazu. Außerdem bleibt diese erdige Bittere zurück im Mund, die ein gewisses Feuchtegefühl hinterlässt. Trotzdem der Herbe und den 6 Prozent Alkohol ist das Supadupa ziemlich süffig. Leider muss ich dennoch sagen: Das Ambiente im Hamburger Biergarten hat wohl doch einiges zum Wohlschmecken dieses Bieres beigetragen. Auf dem heimischen Balkon ist es immer noch gut, aber längst nicht mehr überragend.

Blutmond

0:16 Uhr – So fruchtbar spektakulär war dieses Blutmond-Schauspiel über Ravensburg leider nicht. Klar, der Mond war rot – aber sonst? Es hat sich nicht wirklich was bewegt oder verändert und miniklein war er auch. Ich bin mir nicht sicher, ob mir das überhaupt aufgefallen wäre, wenn die Medien mich nicht vorbildlich informiert hätten. Was mir allerdings gut gefallen hat, war die Atmosphäre in der Stadt: Überall Leute in kleinen Gruppen, die sich möglichst unbeleuchtete Freiflächen mit Blick zum Himmel suchen. Egal ob auf einem Bänkchen, stehend oder auf einer Picknickdecke – alle haben innegehalten, geschwiegen und minutenlang ruhig in den Himmel geschaut. Das fand ich sehr angenehm.

Klar, dass das DIE Nacht war, um endlich das Vollmond Bier der Brauerei Zötler zu trinken. Die Flasche ist optisch äußerst gelungen, schon die Form der kleinen Bügelflasche an sich. Aber auch das runde Etikett, das einen Vollmond und davor die Schatten eines jaulenden Wolfes und des Grüntens zeigt, ist sehr gelungen. Das Bier selbst: Naja. Es ist klar in einem hellen Gold mit wenig Schaum und riecht recht süßlich. Der Geschmack ist extrem mild, mit keinerlei Spuren von Herbe. Es schmeckt süßlich-malzig, aber fast neutral und ist etwas lahm. Erst mit der Zeit spürt man im Nachgeschmack volles Bieraroma.

Das geht ja noch

20:48 Uhr – Es sind diese Tragödien, die das Leben schreibt. Im Februar habe ich auf der Hochzeit in Texas das Blood & Honey von Revolver Bewing probiert und für stark aber trinkbar empfunden. Deshalb war ich sehr glücklich, als mir der Bräutigam kurz nach der Hochzeit sechs übrig gebliebene Flaschen vermacht hat. Fünf haben wir noch auf texanischem Boden getrunken, eine wollte ich für einen ganz speziellen Tag mit nach Deutschland nehmen.

Leider bin ich dumm.

Ich habe nicht bedacht, dass die Amerikaner beim Datum ja erst den Monat und dann den Tag schreiben. Das Bier läuft also nicht am 1. November ab, wie ich dachte. Es ist bereits am 11. Januar abgelaufen. Und damit übrigens auch gut zwei Wochen vor der Hochzeit, auf der es ausgeschenkt wurde. Jetzt bin ich doch ein bisschen traurig, werde aber trotzdem die Flasche öffnen.

Auf den ersten Blick sieht es ganz gut aus, zwar ohne Schaum, aber klar und goldgelb. Auf den zweiten Blick sieht man leider, dass es ein bisschen flockt. Und es riecht etwas sauer. Schmecken dagegen tut es gar nicht so schlecht. Nicht so schwer und intensiv nach Orange, wie ich es in Erinnerung hatte. Aber herb und vollmundig, wie ich es eigentlich mag. Wenn man den Geruch ausblendet und die Flocken als Naturtrübe abtut, kann ich keinen Mangel erkennen.

Vielleicht doch gar keine Tragödie. Ich trinke dann mal leer. Was für eine schöne Überraschung!

Adrazhofener Büble Bier: Hefeweizen

20:15 Uhr – Anfang Juni hat mein Vater von mir ein selbstgebrautes Hefeweizen (Duden: das Weizenbier) zum Geburtstag geschenkt bekommen. Die Besonderheit ist, dass ich das Bier mit Hopfen aus dem elterlichen Garten und Wasser von Siebenbrünnen, einer Quelle im Leutkircher Stadtwald, gebraut habe. Natürlich habe ich schon das ein oder andere Gläschen davon probiert, bei hochsommerlichem Wetter scheint heute aber der richtige Moment, um das das Gebräu in aller Ruhe anzuschauen.

Im Weizenglas liegt das Adrazhofener Büble Bier Hefeweizen goldgelb mit viel festem Schaum, die Hefe sinkt langsam ab und trübt das Getränk. Durch meine rosarote Brauerbrille gesehen eine ziemlich perfekte Weizenoptik. Besonders stark riechen tut das Weizen nicht, leicht nach Hefe und mit einer fruchtig-säuerlichen Note  vielleicht.

Der Antrunk ist leicht wässrig, oder bei diesem Wetter: erfrischend. Wie schon beim Geruch treten neben den typischen Geschmack von Hefeweizen ein brotiges Hefearoma und eine leicht säuerliche Herbe ein. Mit steigender Temperatur wird das Aroma immer fruchtiger, natürlich ohne dabei zur Fruchtbombe zu werden.

Ich muss mich leider wieder selbst loben: Das vor mir stehende schmeckt wirklich wie ein Hefeweizen. Und ich, der ich normal kein Weizentrinker bin, glaube, dass es sogar ein ganz erträgliches Weizenerlebnis geworden ist. Die leichte Wässrigkeit kann man jetzt im Hochsommer ideal als spritzige Erfrischung und leichtes Biererlebnis abtun – schön.

Jetzt die schlechte Nachricht: Ich glaube, das war die letzte Flasche.

Wien bleibt Wien

22:40 Uhr – Ich habe mich eigentlich auf ein Bier aus Wien gefreut, weil da „Vienna“ auf der Flasche steht und ich es auch in Wien gekauft habe. Bei genauer Betrachtung muss ich aber feststellen, dass das Schremser Vienna I.P. natürlich auch Schrems kommt, 130 Kilometer entfernt von Wien an der tschechischen Grenze. Es handelt sich entsprechend nur um ein Bier Wiener Art. Kein Grund enttäuscht zu sein, zumal der Name der Brauerei hervorragend ist: Erste Waldvierteler Dampf-, Koch- u. Maschinenbrauerei Karl Theodor Trojan in Schrems NÖ.

Auf der kleinen braunen Flasche klebt ein sehr gelbes Etikett, auf dem in drei Zeilen der lange Name der Brauerei und außerdem der Name des Bieres steht. Im Hintergrund ist flächig als eine Art Wasserzeichen sowas wie eine Maschine zu sehen. Ich tippe auf Dampf- oder Kochmaschine…

Das Schremser Vienna I.P. ist dunkelgold bis bernsteinfarben und hat einen feinporigen Schaum. Es riecht hopfig und etwas harzig, ganz leicht fruchtig. Der erste Schluck ist sehr herb, aber noch angenehm. Mit seiner ganz leichten Malzigkeit ist das Bier spritzig und erfrischend. Die errochenen Aromen nach Holz und Harz finden sich auch auf der Zunge wieder. Das Vollbier mit 4,8 Prozent Alkohol ist gewiss nichts besonders abgefahrenes, aber was ja vor allem wichtig ist: Es schmeckt ziemlich gut!