Dann lieber faltig

21:13 Uhr – Wann man dann mal mit mehr in als einer Nasenlänge in seinem vierten Lebensjahrzehnt steckt, wird es allerhöchste Zeit, dem unaufhaltsamen Alterungsprozess zumindest ein bisschen entgegenzuwirken. Warum nicht das Nützliche mit den Angenehmen verbinden? – habe ich mir überlegt und ein Anti Aging Bier besorgt.

Mit dem Bier aus der Neuzeller Klosterbrauerei kommt ein Beipackzettel. Ich weiß leider nicht, ob das für Beauty-Produkte typisch ist, in diesem Fall aber interessant – und auch ein wenig besorgniserregend: Neben Hopfen (beruhigend, keimreduzierend), Bierhefe (gut für die Haut und das Immunsystem, Vitamin B, Mineralstoffe und Spurenelemente) und Kohlensäure (durchblutungs- und bäuerchenfördernd) verstecken sich im Anti Aging Bier nämlich noch ein paar weitere Inhaltsstoffe. Zum einen Sole (Wasser-Salz-Lösung), die gut für Verdauung, den Säure-Basen-Haushalt und den Blutdruck sein soll. Dann Spirulina-Algen, die zu 60 Prozent aus Eiweiß bestehen und reich an Betakarotin, Chlorophyll, Selen, Eisen, Vitamin B, Mineralstoffen und Spurenelementen sind.  Zuletzt werden Flavonoide zugesetzt, die „vor dem Angriff durch freie Radikale schützen“. Was sich wie ein Schutzschild gegen politische Außenstürmer anhört,  wirkt aber wohl antientzündlich und beugt Krebs vor. Dass hört sich toll und exotisch an, aber auch ein bisschen eklig. Salz und Algen im Bier? Mal schauen.

Das Etikett ist ein kleines Kunstwerk: Eine Art Aquarell- oder Ölgemälde mit viel Rot, in dessen Mitte man einen angedeuteten weißen Körper mit ausgestreckten Armen erkennen kann. Ist jetzt nicht unbedingt mein Kunstgeschmack. Unten steht in goldener Farbe auf schwarzem Hintergrund, dass dies das einzige Bier für Körper, Geist und Seele sei.

Ich weiß nicht warum, aber ich bin überrascht, weil das Bier sehr, sehr dunkelbraun, fast schon schwarz ist. Der Schaum ist gelblich-beige. Optisch aber keine Spur von Algen. Der Geruch lässt nicht erahnen, dass es sich um Bier handelt. Es duftet nämlich eher nach Gemüse oder japanischer Miso-Suppe mit Tofueinlage. Der Geschmack ist auch kein Bier. Obwohl ich seit sicher 15 Jahren kein Marmite mehr gegessen habe, erinnert es mich sofort daran. Vielleicht an Marmite in der Geschmacksrichtung Fisch. Dazu ist das Jungmacherbier lack. Mit viel gutem Willen kann man die leichte Herbe als einen Hauch von Bier interpretieren. Das Anti Aging Bier mit seinen 4,8 Prozent Alkohol (macht das auch jung?) ist nicht extrem ekelhaft. Aber irgendwas an diesem Geschmack widersteht mir extrem. Ich werde diesen halben Liter nicht mal ansatzweise schaffen, es ist nicht möglich. Ich werden den Rest wohl zur äußeren Anwendung nutzen müssen.

Weil ich dieses Wellnessgetränk  nicht weiter trinken werde, altere ich wohl fröhlich vor mich hin. Da aber auch Humor jung hält, will ich uns allen dieses Video einen lustigen Biersommeliers nicht vorenthalten:

Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht missbrauchen

21:15 Uhr – Höchste Zeit für ein IPA. Ich hab mir eine der wertvollen Dosen geschnappt, die ich aus Texas mitgebracht habe. Eine leuchtgrüne aus dem Hause Rahr & Sons Brewing Company aus Fort Worth. Dadgum IPA heißt das Bier, was auf Deutsch wohl so viel wie „gottverdammt“ bedeutet. Das hört sich eher nach einer harten oder bitteren Angelegenheit an. Der Hinweis von 6,6 Prozent Alkohol auf der sehr textreichen Dose spricht dafür, der Verweis auf den Geschmack von frisch geschnittener Ananas und tropischen Früchten eher nicht. Noch ein Satz zum Design: Eine kleine Dose in giftigem Grün und metallischem Silber, das Logo der Brauerei ist überall als Wasserzeichen zu sehen. Außerdem unglaublich viel schwarzer Text in allen erdenklichen Schriftarten und –größen. Lediglich auf einer Seite, nennen wir sie Vorderseite, ist die Optik aufgeräumt: Ein schwarzes Wappen in Form eines Schildes, auf dem unter einer grünen Hopfendolde in großen weißen Lettern der Name der Brauerei und des Bieres prangt.

Ich habe vor Vorfreude gerade aus Versehen mit meinem Fuß unter dem Schreibtisch den Router ausgesteckt. Internet weg, Musik aus. Bier ist noch da. Da weiß man wieder, auf wen man sich verlassen kann.

Farblich ist das Dadgum IPA ein typisches IPA, goldfarben, schöner Schaum. Der fruchtig-hopfige Geruch ist eine Wucht, man muss nicht mal die Nase über das Glas halten. Der ganze Raum füllt sich sofort damit. So mag ich das. Ob es jetzt wirklich Ananas ist? Schwierig. Eine gewisse Säure ist da aber schon, das spricht für die Ananas oder auch für Beeren. Tropische Früchte? Vielleicht. Die Süße einer Papaya kann ich aber nicht riechen. Nun haben vor allem amerikanische IPAs eigentlich fast immer einen sehr guten Geruch, aber dann trennt sich die Spreu vom Weizen: Die guten erfüllen, was der Geruch verspricht. Die nicht so guten sind einfach nur brutal bitter. Mal schauen.

Nach meiner eben aufgestellten Skala ist dieser Texaner dann wohl eher ein nicht so gutes IPA. Die Herbe ist zwar erträglich, allerdings fällt es allen anderen Aromen schwer, sich dagegen durchzusetzen. Falls sie denn überhaupt vorhanden sind. Früchte? Fehlanzeige. Wenn man das Dadgum länger im Mund behält, kommt sogar ein unangenehmer alkoholischer Geschmack, der mir eher von Nachgeschmack eines sehr preiswerten Discount-Obstlers bekannt vorkommt. Leider also wieder ein IPA, das meine Erwartungen nicht voll erfüllen kann. Schade. Schaut euch aber auf jeden Fall die anderen Biersorten von Rahr & Sons an. Die Dosen sind wunderschön – und natürlich würde die Brauerei eine zweite Chance von mir kommen. Ist doch klar. Und wenn ihr dann schon auf der Seite seid, schaut auch gerne auch die ganzen Hipster an, die sich da tummeln. Wahnsinn!

 

Held des Tages

20:50 Uhr – Meine Arbeitskollegen haben mich nach meinem Geburtstag mit einem Fläschchen Bier auf meinem Schreibtisch empfangen. Sehr löblich! Das Bier war in einer dekorativen Geschenkrolle verpackt, auf der ein Bild der Flasche abgebildet ist. Macht was her. Die lichtdichte Verpackung macht aber auch Sinn, denn die Flasche ist aus weißem Glas. „Held des Tages“ steht auf dem blauen Etikett über einem goldenen Pokal. Ein Bier, das als Motto-Geschenk gedacht ist. Was es genau für ein Bier ist oder gar, welche Brauerei es braut, ist nicht herauszufinden. Im Internet wird spekuliert, dass es sich um die Hütt-Brauerei in Baunatal handelt, sicher darf man sich aber nicht sein.

Helles Gold, sehr klar, kaum Schaum, ein bisschen lahm – so liegt es im Glas. Es verströmt einen malzigen, leicht süßlichen, klassischen Biergeruch. Es ist aber direkt herber als es riecht und viel vollmundiger, als es aussieht und die helle Flasche es vermuten ließ. Die Malzsüße ist zwar vorhanden, fügt sich aber ganz ordentlich ein, hinten raus kommt sogar noch ein Schwung Bitterkeit nach. Mit 5,2 Prozent Alkohol einigermaßen schwer, auch geschmacklich macht sich eine gemütliche Schwere breit. Kein schlechtes Bier, ich bin positiv überrascht. Ich hatte eher etwas sehr Dünnes, Schwaches erwartet. Für heute mein Held des Tages!

Brln, Brln, wr fhrn nch Brln

8:15 Uhr – Das lange Osterwochenende habe ich in Berlin verbracht. Ohne große Pläne für vier Tage in der Großstadt abtauchen war die beste mentale Entspannungskur, die man sich so vorstellen kann. Trotzdem haben wir natürlich nicht nichts gemacht. Wir haben Kunst angeguckt und „Kunst“ geschaffen. Wir haben Alba Berlin im vierten Viertel zum Sieg geklatscht und mexikanisch gekocht. Und wir haben mehr Bier probiert und mehr Brauhäuser besichtigt, als ich es mir erträumt hätte.

Zunächst waren wir bei Stone Brewing, eine kalifornische Brauerei, die seit einiger Zeit auch in Berlin Bier braut. Die befindet sich in einem Gebäude eines stillgelegten Gaswerks im Marienpark. Das ist schon äußerlich cool, aber auch von innen macht die Brauerei als Restaurant und Veranstaltungsraum einiges her. Vor allem aber zählt natürlich die extrem lange Theke, an der man frisch gezapftes Bier aus Berlin, Kalifornien und auch den ein oder anderen guten Tropfen von anderen Brauereien probieren kann. Das hat mir sehr gut gefallen.

Zweite Station war eine Bierverkostung bei Braufactum. Dort gibt es eine Bar direkt am Alexanderplatz und ein Haus weiter einen kleinen Laden, in dem es auch etwas Platz für eine kleine Bierprobe gibt. Ich habe festgestellt, dass ich dem Niveau für ein Einsteigerseminar inzwischen wohl doch entwachsen bin; immerhin konnte ich dem Referenten an der ein oder anderen Stelle weiterhelfen, wenn er nicht mehr weiter wusste. Trotzdem hab ich noch einiges gelernt und natürlich auch vier ganz gute, wenn auch nicht gerade außergewöhnliche, Biere probiert. Die anderen Teilnehmer waren auch äußerst amüsant („Riecht nach Bier!“ – „Ist ganz okay, aber halt nicht so gut wie das Weihenstephaner Vitus“ – „Ich misch mal alle Biere zusammen und guck, wie das dann schmeckt“).

Nummer drei war das BRLO Brauhaus im Gleisdreieck, also da, wo ich wohnen würde, wenn ich in Berlin wohnen würde. Das gesamte Brauhaus ist aus alten, schwarzen Containern zusammengebaut und das Konzept sieht vor, dass das alles zusammen irgendwann demnächst in eine andere Stadt umziehen soll. Man darf gespannt sein. Leider hat mir hier etwas das Ambiente gefehlt, was auch daran gelegen haben mag, dass es sehr voll war. Es hat mich aber doch leicht an Abfertigung in der Systemgastronomie erinnert – und die Gläser waren auch nicht so hübsch. Über das Bier kann man allerdings auch hier nicht meckern.

Letzte Station war das Lemke, das sich unter den S-Bahn-Bögen am Hackerschen Markt eingenistet hat  und dort schon seit 1991 Bier braut und ausschenkt. Dort herrschen eine urige Atmosphäre und ein unfreundlicher Kellner. Bekannt ist die Brauerei unter anderem für die Wiederbelebung der echten, sauren Berliner Weiße und die Bierherstellung in alten Whiskeyfässern. Ich habe mich jedoch aus Skepsis und finanziellen Aspekten gegen diese beiden Spezialitäten entschieden und für ein gehopftes Weizenbier. Das war eine ganz interessante Geschmackserfahrung – und kleine Weizengläser sind ja eh immer süß.

 

Schon wieder ein Affe im Glas*

21:56 Uhr – Weil ich so auf Wortspiele stehe, gibt es zum heutigen Gründonnerstag ein greenMONKey aus der Klosterbrauerei Weißenohe: Dunkelgrünes Etikett mit oben offenem, orangenem Kreis in dem „Mandarina Bavaria“ steht, das Loch oben wird vom Namen des Bieres geschlossen. Im Kreis sieht man einen Mönch (nicht grün) mit Bischofsstab, um den sich eine Hopfenpflanze schlängelt und an der ein kleiner Affe (nicht grün) hochklettert. Spricht mich an – und ist übrigens – ganz grün – ein Biobier.

Nun, noch ein kurzes Vorwort: Der greenMONKey ist prinzipiell ein klassisches Pils, von dem es aber drei Ausführungen mit jeweils einem anderen Hopfen gibt. Das mir vorliegende ist eben mit Mandarina gehopft, es gibt auch noch Varianten mit Polaris und Hersbrucker.

Mandarina hört sich ja schon dezent nach Mandarine an – und in der Tat duftet das Bier recht fruchtig mit leichter Säure und einer angenehmen Mischung aus Hopfen und Malz. Es ist goldfarben sowie leicht trüb und der Schaum ist während der ersten Zeilen auf ziemlich schnell ein Minimum zusammengefallen.

Der Geschmack ist erst einmal dünn und wässrig, fast seicht. Dem Pils fehlt es an der typischen Herbe, großartig andere Aromen kommen zunächst nicht mit. Maximal ein Hauch von Zitrussüße, die aber nicht stört. Im Nachgeschmack kann man die Mandarine wieder erahnen, und zwar schmeckt es so, wie dieses weiße Zeug, was Mandarinen und Orangen zwischen Schale und Frucht haben.  Außerdem setzt nach einer gewissen Zeit ein Hauch von Nuss ein.

Irgendwie habe ich das Gefühl, dass hier das Potenzial für ein ganz tolles Bier da wäre, das Ganze aber nicht richtig geklappt hat, denn es zeigt einfach zu wenig Charakter. Mit 5,9 Prozent ist es nicht so leicht, wie es schmeckt, aber wohl dennoch höchstens ein recht frisches, leicht fruchtiges Sommerbier. Ich hätte mir mehr erhofft.

*oder doch ein Mönch?

ISO

21:12 Uhr – Liebe Katholikenfreunde, es ist Karwoche. Da muss man auch biertechnisch mal was riskieren und beispielsweise zum Hefeweizen alkoholfrei der Brauerei Zötler greifen, den ich auch bei meinem kürzlichen Ausflug ins Allgäu mitgenommen habe.  Außerdem habe ich erst heute wieder gelesen, dass wir Deutschen zu viel Alkohol in uns rein schütten. Eine ganze Badewanne pro Jahr.

So ein Hefeweizen hat mich erst mal vor ein Glas-Problem gestellt: Soll ich ihn in mein übliches Verkostungsglas füllen oder in ein klassisches Weizenglas? Ich habe mich für letzteres entschieden, ein Modell aus dem ScharfrichterHaus in Passau mit Logo von Arcobräu. Wenn schon, denn schon schön.

Das isotonische Sportlergetränk aus Rettenberg sieht aus, wie ein Hefeweizen aussehen muss: Dunkelgold bis leicht bernsteinfarben, leicht trüb und ein schöner, fester Schaum. Riechen tut es recht süßlich und nach Hefe, nach Bier eigentlich gar nicht.

Die Süße ist auch klar dominierend im Geschmack. Und wirklich eine Süße, nicht so eine übertriebene Malzigkeit, sondern fast schon ein Hauch von Zucker. Dieser Geschmack, wenn man ewig auf Brot rum kaut, so ist das ein bisschen. Oder auch wie Agavendicksaft. Mit etwas Fantasie könnte man sich fast vorstellen, dass man eine Saftschorle trinkt. Es fehlt nämlich jedweder Hauch von Herbe oder Hopfen und es läuft äußerst flott in den durstigen Hals.

Was soll ich sagen? Das Getränk schmeckt mir gut, auch wenn es nicht nach Bier schmeckt.  Es ist prima gegen den Durst, spritzig erfrischend und bewegt sich kalorienmäßig auf dem Niveau von Saftschorle (und hat entsprechend natürlich viel weniger Kalorien als Limonaden oder Cola). Obwohl jetzt beileibe noch nicht Hochsommer ist, finde ich es schade, dass ich keine zweite Falsche im Kühlschrank stehen habe. Wenn ich Sport treiben würde, wäre das vielleicht mein Sportgetränk.

 

Ciao Giovanni: Prosciutto e Melone

21:52 Uhr – Den sonnigen Nachmittag habe ich für einen Ausflug an den Bodensee genutzt. Natürlich nicht ganz ohne Hintergedanke. Ich habe nämlich herausgefunden, dass es in Langenargen ein Bierfachgeschäft gibt. So habe ich dann nach einem Spaziergang am Seeufer das KommproBier angesteuert. Ein interessanter kleiner Laden in einer Art Lagerhalle. Vollgestopft mit Regalen und ein paar Kühlschränken, Fenster habe ich maximal eines entdeckt. Das besondere ist, dass dort ausschließlich leere Flaschen stehen. Man kann dann auswählen, was man gerne hätte und ein Mitarbeiter verschwindet für eine Weile im Kühlraum und bringt die gut gekühlten Flaschen wieder. Artgerechte Haltung also – und genügend Wartezeit, um sich für noch viele andere Biere zu entscheiden.

Bei so viel Auswahl will man natürlich auch etwas besonders mit nach Hause bringen. Darum war ich heute sehr mutig und hab zu einem Rauchbier gegriffen. Mit Rauchbieren verbinde ich bisher nicht gerade Hochgenuss. Eigentlich habe ich erst einmal eines getrunken, ein Schlenkerla Rauchbier aus Bamberg auf der Heimfahrt von einem Fußballspiel in Nürnberg. Es war furchtbar. Trotzdem: Die Beschreibung des Parma Rauch IPA hat einen Kauf unausweichlich gemacht. Steht da doch: „Warum nicht mal den Geschmack von Melone mit Schinken ins Bier bringen – quasi Schinken mit Melone im Glas“. Klingt spannend, oder? Find ich auch. Auch wenn es mir ein bisschen Angst macht.

Das Etikett ist ein Cremetönen gehalten, rechts ein Leuchtturm, links eine Insel mit Palmen, dazwischen das Meer. Der Leuchtturm könnte auf den Sitz der Kehrwieder Kreativbrauerei in Hamburg hinweisen, die Palmeninsel vielleicht auf die Indischen Kronkolonien. Kein Schinken, keine Melone und schon gleich gar kein Rauch.

In einer hellen Bernsteinfarbe und mit grobem Schaum schmiegt sich das Parma ins Glas. Und es riecht tatsächlich süßlich, viel Phantasie braucht man nicht, um da die Melone hinein zu interpretieren. Ein paar schon leicht angedatschte Beeren sind auf jeden Fall auch mit im Geruchsstrauß. Ja, und tatsächlich auch ein Hauch von abgebranntem Altbau. Das ist nun ja erst mal kein schöner Parmaschinken.

Uh. Wie soll ich sagen: Der erste, kleine, vorsichtige Schluck ist dann doch sehr gewöhnungsbedürftig. Jetzt habe ich (zum Glück!) niemals ausversehen aus einer Flasche getrunken, in die zuvor stundenlang Zigarettenkippen gesteckt wurden. Aber so stelle ich mir das vor. Im Detail: Eine schwere, dumpfe Herbe, die erst recht bitter wird und dann wirklich ein Asche-Aroma hat (Röst-Aroma finde ich nicht die richtige Beschreibung), das lange im Mund bleibt.

Nachdem die ersten Schlücke des 6,1 Prozent schweren Gebräus hart sind, gewöhnt man sich aber an den sehr außergewöhnlichen Geschmack – und man entwickelt den Ehrgeiz, zwischen all dem Rauch noch den Schinken und die Melone zu finden. Von der Süße aus dem Geruch ist im Bier allerdings beim besten Willen nichts mehr zu finden. Der verbrannte Aschegeschmack wird aber immer mehr zu dem Gefühl von Rauch. Beinahe möchte man diesen lässig aus dem Mund blasen (Anmerkung des Autors: Klappt nicht).

Ein faszinierendes Geschmackserlebnis, das man beinahe mal probiert haben muss. Aber: Gut ist es leider nicht wirklich. Für die nächsten Monate brauche ich kein Rauchbier mehr. Kam eigentlich schon jemand auf die Idee, Bier mit dem Geschmack von Menthol-Zigaretten zu brauen? Oder Räucherlachs mit Meerrettich?

Fensterputzaffe

14:30 Uhr – Lebensgefühl. Es kann so herrlich sein, sobald die Sonne endlich mal wieder scheint. Während  hinter mir der Fensterputzroboter meiner Eltern meine Wohnzimmerfenster reinigt, sitze ich erstmalig in diesem Jahr wieder ohne Jacke und mit Sonnenbrille in meinem orangenen Strandstuhl auf meinem Balkon und erfreue mich des Lebens. Mit einem echt feinen Bierchen.

Ein äußerst erfrischendes und wohlschmeckendes Corporate Monkey aus dem Hause Bier Factory Rapperswil aus der Schweiz. Im Glas sieht es unspektakulär aus, ein mattes Goldgelb und eher trüb mit grobem Schaum. Der Geruch ist nicht allzu intensiv, leicht nach Hefe und mit einer frischen Biernote. Das bestätigt sich auch beim Trinken: Eine ganz, ganz leichte Note von Zitrusfrucht, die aber so aufdringlich ist, dass das Bier noch nach Bier schmecken darf. Der Hefegeschmack ist markant, aber keineswegs unangenehm, er verleiht dem Craft Lager mit 4,8 Prozent Alkohol und 21 IBU das bestimmte Etwas. Sehr erfrischend ist es auf jeden Fall, genau das richtige für einen Frühlingsmittag im Liegestuhl. Während es zunächst kaum Herbe hat, kommt im Abgang eine dezente Säure, die aber absolut in Ordnung ist. Das gefällt mir sehr gut!

Ein paar Worte zur Flasche seien auch noch gesagt: Das Etikett der braunen Drittelliterflasche ist in einem sehr moderne Design gehalten: Schwarz, Weiß und Rot dominieren, neben dem Brauereilogo „BF“ sticht natürlich vor allem ein traurig dreinblickender Affe mit roter Sonnenbrille und rot-weiß gestreifter Krawatte heraus. Auf der Rückseite ist ein relativ langer, Englischer Text angedruckt, der beschreibt, wie cool dieses Bier ist und einem sagt, dass man kein trauriger Affe sein soll. Kann man machen, brauch ich jetzt nicht unbedingt. Interessant finde ich noch, dass angegeben ist, wann dieses Bier am besten ist: Zwischen 3 und 6 Monaten nach der Abfüllung. Jetzt ist allerdings schon Monat 11 nach Abfüllung, das Bier hat damit seinen geschmacklichen Tiefpunkt erreicht. Dafür ist es noch ganz schön gut. Ich mag mir gar nicht ausmalen, wie das im Oktober geschmeckt hätte!

Camba, Caracho, ein IPA

20:50 Uhr – Welch überschäumendes Ereignis: Das Camba IPA hat es wohl besonders eilig, in mein Bierglas zu kommen. So eilig, dass es trotz stehender Lagerung im Kühlschrank und vorsichtigem Öffnen mit dem Flaschenöffner direkt aus der 0,33 Liter-Flasche übergeschäumt ist. Das, was da so über meine Finger gelaufen ist, hat aber schon ganz fein geduftet.

Das Etikett ist einigermaßen klassisch und vor allem grün. Das Logo der Brauerei aus Seeon am Chiemsee ist grün eingefärbt und auch sonst ist das nur mit dem Wesentlichen beschriftete Stück Papier hauptsächlich grün – und schön anzusehen.

Bernsteinfarben bis leicht rötlich liegt das IPA im Glas, die obere Hälfte füllt der grobe Schaum aus (irgendwas ist komisch mit diesem Bier). Einen besonders starken Duft hat es nicht, vielleicht liegt das an der dicken Schaumschicht. Eine bittere Fruchtnote nach Zitrone oder Grapefruit lässt sich aber erahnen. Und ein sehr alkoholisches Geschmäckle.

Der Geschmack ist natürlich ziemlich bitter (62 IBU), aber auch ein bisschen hölzern – und vielleicht nach getrocknetem Zitronengras. Besonders spritzig kommt es mir nicht vor, was aber am Überschäumen liegen mag. Geschmacklich ist das Camba IPA eigentlich nicht schlecht, leider ist die Herbe aber ein bisschen zu dominant. Definitiv ein trinkbares India Pale Ale, aber längst nicht das beste, das mir bisher ins Glas kam.

Geschmacksrichtung Brot

20:18 Uhr – Noch immer habe ich Bierchen aus der Schweiz, die mir Bernd im letzten Jahr geschenkt hat, in meiner exquisiten Sammlung. Höchste Zeit, mal wieder eines davon zu köpfen. Ich habe zu der Falsche gegriffen, die so unscheinbar ist, dass sie schon wieder auffällt: Das Mercury Saison von der Blackwell Brewery in Burgdorf, nördlich von Bern. Die braune Drittelliter-Einwegflasche ist mit einem Etikett beklebt, das so aussieht, als ob es aus dem heimischen HP-Drucker (Baujahr 1992) kommt: In einer klaren Schriftart sind in schwarz der Name des Biers und die wichtigsten Informationen auf weißes Papier gedruckt. Fertig.

Im Glas ist das Mercury Saison mit seinen 4,6 Prozent Alkohol goldgelb, leicht trüb und glänzt mit feinem Schaum. Es riecht recht süß. Der Eindruck setzt sich im Geschmack fort, der ist nämlich ziemlich brotig bis teigig, sogar leicht säuerlich. Alles Elemente, die ich jetzt nicht unbedingt haben muss. Da ist es also nicht besonders schlimm, dass das Bier schnell wässrig wird und insgesamt ohnehin nicht mit viel Geschmack punktet. Fazit: Dank der Wässrigkeit ein schöner Durstlöscher. Zumindest, wenn man auf Durstlöscher mit Brotgeschmack steht.

Was man allerdings sagen muss: Die Etiketten und die Biernamen der Brauerei sind echt cool. Bestimmt gibt’s da auch was feines.