Die Quintessenz des Waldes

10:46 Uhr – Wer sich frühmorgens in den Stadtwald schlägt, um bei einer Runde Sport den Kopf frei zu bekommen, wird scheitern. Nicht, dass es in meinem Kopf etwas Überflüssiges gab, zumindest nicht vor dem Joggen. Aber nun sind meine Gedanken voll mit wichtigen Fragen über das Zusammenleben im Wald.

Es gibt vier wesentliche Gruppen, die Waldwege in ihrer Freizeit nutzen: Jogger, Spaziergänger, Fahrradfahrer und walkende Hausfrauen. Zwar herrscht um die Strecken wohl kaum Konkurrenz (genug Platz für alle da), trotzdem hassen sich die einzelnen Gruppen natürlich abgrundtief – ohne dass ich auf die Gründe an dieser Stelle eingehen will. Oberstes Prinzip: Gegrüßt wird nicht. Hält man sich an diese Grundregel, fällt es beispielsweise auch gar nicht weiter auf, dass man nach zwei Minuten Sport so wie so aus Erschöpfung kein „Hallo“ mehr über die Lippen bringen würde. Wenn nun aber im vitalen Jogger und der walkenden Hausfrau gleichzeitig Sportsmann Simon und die Mutter eines guten Freundes aufeinandertreffen, wird es schon komplizierter. Soll man grob unhöflich sein und schweigend aneinander vorbeisporteln oder gegen die Gesetze des Waldes verstoßen und ein erschöpftes „Guten Morgen“ aus der Kehle pressen?

Eine andere Frage, die sich mir auf die Seele gebrannt hat: Warum müssen Hundebesitzer die Hundekacke vom Weg wegräumen, Pferdebesitzer die deutlich beeindruckende Pferdekacke aber nicht?

Ich werde ab sofort sehr viel Zeit im Wald verbringen, um diese Rätsel zu lösen und vielleicht weitere Problematiken aufzuwerfen.

I was born to be a farmer

17:56 Uhr – Hach. Gartenarbeit rund um den Mirabellenbaum macht mit Strohhut und im Rippunterhemd einfach immer noch am meisten Spaß. Und am Abend kann sich das Ergebnis nicht nur anhand eines vollen Korbes Früchte und eines wunderbar gepflegten Rasens nachweisen lassen.

Opas Geburtstag

17:13 Uhr – Effektives Zeitmanagement ist heutzutage unerlässlich. Da muss man eben an Opas Achtundsiebzigsten auch mal zwischen Kaffee & Johannisbeerkuchen und Leberkäs & Kartoffelsalat heimfahren, um ein Wort zum Tag zu schreiben. Sowieso, wenn man seit einiger Zeit ein bisschen schreibfaul war.

Köln wurde noch einmal ausgiebig besichtigt und liegt mittlerweile schon wieder in weiter Vergangenheit. Was und wo die nächste Station sein wird, ist noch nicht ganz endgültig entschieden, also gibt es auch in dieser Angelegenheit noch nicht zu vermelden.

Am Samstag haben wir mal wieder mit dem Bambi-Soundsystem ein bisschen Musik aufgelegt. Uns hat das eine große Freude bereitet und ich glaube, dass sich zumindest ein kleiner Bruchteil des Publikums auch amüsiert hat. Und der Rest musste gezwungenermaßen eben auch bleiben, weil es draußen wie aus Eimern geschüttet hat.

Man mag es kaum glauben, aber es wird schon wieder Zeit, zurück zu Opas Geburtstag zu fahren. Sonst wird der Leberkäs kalt – oder er verbrennt. Es ist verrückt!

Džemal Berberovic

18:40 Uhr – Um kurz vor sechs habe ich zum letzten Mal die Redaktionstür hinter mir zugezogen. Vier Monate Praktikum in Köln sind somit beendet. Am Freitag werde ich auch mein Zimmer im Studentendorf Efferen verlassen und dann war es das mit diesem Kapitel. Gerade jetzt, wo ich mich richtig daran gewöhnt hätte, im Studentenwohnheim unter tausenden Studenten zu leben, ohne selber einer zu sein. Gerade jetzt, wo ich mich so richtig in den geregelten Acht-Stunden-Arbeitsalltag eingelebt habe. Gerade jetzt, wo es anfängt, mir nichts mehr auszumachen, dass ich nach Feierabend (vielleicht schon früher) total verstumpfe.

Dank gebührt Džemal Berberovic, über ihn habe ich nämlich heute meinen letzten Text geschrieben.

Der MSV Duisburg hat Džemal Berberovic von Litex Lovech aus Bulgarien verpflichtet. Wie der Verein mitteilt, unterschreibt der 29-jährige Außenverteidiger einen Vertrag für die kommenden beiden Spielzeiten mit Option auf eine weitere Saison.

„Džemal ist ein sehr erfahrener Spieler, der auch schon hier in Deutschland bei Bayer Leverkusen und beim VfL Osnabrück war. Ivica Grli? und Branimir Baji? kennen ihn dazu gut aus der bosnischen Nationalmannschaft. Ich glaube, dass er dazu beiträgt, unsere Defensive zu stabilisieren“, verrät MSV-Coach Milan Šaši?.

Ich lasse mindestens ein weinendes Auge zurück (also bildlich gesprochen jetzt).

Außerdem durfte ich zum Abschluss noch die teuerste Mittagspause meiner noch jungen Karriere erleben. Zum Glück habe ich diesen super Buchladen nicht früher entdeckt…

Die nächsten beiden Tage habe ich frei und ich werde mit meinen Eltern ein bisschen durch Köln tingeln. Und dann geht es am Samstag stressfrei mit allem Gepäck im Auto ins Allgäu. So lob ich mir das.

Schluß mit Vorurteilen: Schalke ist schön!

19:37 – Es ist an der Zeit, mit üblen Vorurteilen aufzuräumen. Darum bin ich heute nach Gelsenkirchen gefahren, um mich selbst davon zu überzeugen, dass dieser Ort nicht die hässlichste Stadt Deutschlands sondern eine echte Perle des Ruhrgebiets ist.

Und es war ein Erfolg auf ganzer Linie.

Modisch ist Gelsenkirchen vielen anderen Städten weit voraus. Während anderswo der Retro-Look noch voll in den Siebzigern oder Achtzigern hängt, ist das liebevoll ‚GE‘ genannte Städtchen schon mitten in den Neunzigern: Die Vokuhila-Dichte ist nahezu unschlagbar. Kombiniert mit einer raffiniert geschnittenen Jeansjacke braucht diese Frisur keine Coiffeursmesse zu scheuen. Damit die passende Gesichtsbehaarung auch farblich passt, bietet der Friseur von nebenan ‚Schnurbart‘-Färben für nur fünf Euro an. Ob ein Schnurrbart Aufpreis kostet, ist nicht überliefert. Für weniger modisch veranlagte bietet der Salon auch das Entfernen von Oberlippenbehaarung (sieben Euro – dann lieber färben). Leider habe ich mich nicht getraut, ein Foto von dem Laden am Rathaus Buer zu machen -– aber isch schwör ey.

Doch nicht nur in Sachen Mode braucht sich Gelsenkirchen nicht zu verstecken. Auch die anderorts problematische Integration fand hier bereits ihren erfolgreichen Abschluss: Menschen ohne Migrationshintergrund wurden verdrängt. Ein Glanzpunkt deutscher Siedlungsgeschichte.

Während Städte wie München, Köln oder Berlin städtebaulich hervorragen wollen, tut Gelsenkirchen dies einfach ohne große Worte. Eine wunderschöne, beinahe malerische Einkaufzone unweit des bezaubernden 60er-Jahre Hauptbahnhofes lädt zum Shopping-Erlebnis ein. Vor allem die zahlreichen Ein-Euro-Boutiquen locken Ruhrpottler von Nah (Herne) und Fern (Izmir).

Ein weiterer Höhepunkt der Stadt ist das Fußballstadion des Vereins VfB Schalke 05, von dem ihr an dieser Stelle ein Foto bewundern könntet. Es ist architektonisch brillant auf einen Hügel gesetzt, allerdings so, dass man es von keiner Seite als Fußballstadion erkennen kann. Nur mein überdurchschnittliches Fachwissen hat mir da den Durchblick gesichert.

Und wenn wir schon bei diesem Fußballverein sind, der erst vor wenigen Jahren die letzte deutsche Meisterschaft erringen konnte: Schalke ist wohl der einzige Stadtteil weltweit, der bekannter ist, als die Stadt, deren Teil er ist. Ich meine, es gibt viele berühmte Stadtteile (Sankt Pauli, Manhattan, Brooklyn, Chelsea, Köln-Kalk oder Adrazhofen), aber letztendlich werden diese von ihrer eigentlichen Stadt überstrahlt. Lediglich Schalke ist definitiv bekannter als Gelsenkirchen. Auch aus diesem Grund überkam mich heute ein kleiner Anfall von Traurigkeit: Man stelle sich vor, die Sportsfreunde hätten ihre Klub damals nicht im Stadtteil Schalke, sondern im Gelsenkirchener Stadtteil Horst gegründet – und schon hätte Inter Mailand das UEFA-Cup Finale 1997 gegen den VfB Horst 05 verloren.

Alles in allem wird das goldene Gütesiegel mit fünf Sternen und Auszeichnung inklusive rubinrotem Stadttor verliehen. Herzlichen Glückwunsch und Glückauf!

PS: Sollte El Arenal ein Stadtteil von Palma de Mallorca sein, könnte man über die im vorletzten Absatz erwähnte Besonderheit unter Umständen diskutieren.

Vize, Vizemeister Daum

21:48 Uhr – Wenn ihr mal was total unspektakuläres, langweiliges, ödes und unaufregendes erleben wollt, dann solltet ihr unbedingt bei Tageslicht nach Leverkusen fahren, um das weltberühmte Bayer-Kreuz zu besichtigen. Das habe ich heute gemacht und es hat all meine Erwartungen voll erfüllt. Aber seht auf der linken Seite selbst. Auch ansonsten ist Leverkusen gar nicht so malerisch, höchstens die zweitschönste Stadt der Welt würde ich mal behaupten. Allerdings muss man so fair sein und auch von den drei Sehenwürdigkeiten der Stadt berichten. Damit ihr euch das besser vorstellen könnt, habe ich sie einfach mal fotografiert:

Sma*tpho*e 1, Deutschland 0

13:48 Uhr – Sma*tphones sind ja sowas von unromantisch. Ich war gestern Abend unterwegs und konnte deshalb nicht das Viertelfinale der Damen-WM schauen, wollte aber natürlich trotzdem erfahren, wie Deutschland gespielt hat. Also schreibe ich eine SMS mit dem klar formulierten Inhalt „D-Weiber?“ an den Herrn M. Eineinhalb bange Stunden später kommt auch schon die Antwort: „Schon angeschaut, aber bei D Hö im Keller. Oh Mann war das grausam anzusehen :D“ Dass da jetzt nicht drin stand, wie das Spiel ausging, ist natürlich nebensächlich. Dann steht aber jemand neben mir, zückt sein ultramodernes Sma*tphone und nennt mir innerhalb von wenigen Sekunden Ergebnis, Torschütze und so weiter. Wie langweilig ist das denn?

Auf nach Dänemark

Das Studium an den dänischen Hochschulen ist in der Regel gebührenfrei.

Dänische Studenten besitzen Anspruch auf ein Grundeinkommen, das sogenannte „Statens Uddannelsesstoette“. Einzige Voraussetzung für das „Statens Uddannelsesstoette“ ist die Vollendung des 18. Lebensjahrs und die Ausübung einer unbezahlten Ausbildung (z. B. ein Studium). Diese Förderung erhalten ca. 93 % der Dänischen Studenten. Das deutsche BAföG erhalten zum Vergleich nur ungefähr 25 % der Studenten. Die monatliche Förderung beträgt für bei den Eltern lebende Studenten 330 €, für auswärts lebende ca. 610 €. Die maximale Förderungsdauer liegt bei 70 Monaten. Zusätzlich zum Grundeinkommen sind staatliche Darlehen von maximal 310 € monatlich möglich.

weiß wikipedia

4:2: Au revoir Madames

22:37 Uhr – Meine Mitbewohnerin ist ja am Sonntag zum Christopher-Street-Day in die Stadt gefahren, um Schwule zu gucken. Ich schau da einfach Frauenfußball, da komm ich in der Welt der Homosexualität voll auf meine Kosten. Die Französinnen mit 4:2 verputzt, Gruppensieger, sechs Tore, ein Elfmeter, eine rote Karte – alles dabei. Das war wohl das beste Frauenfußballspiel, das ich je gesehen habe. Das nähert sich schon langsam einer Sportart namens Fußball an. Aber Länder wie Frankreich (und eine Liste anderer Nationen, die den Rahmen hier sprengen würde) vom Platz zu schießen macht eigentlich in jeder Sportart Spaß.

Was man allerdings Neid-los (Hammer Wortspiel) anerkennen muss: Die Französinnen waren um Längen hübscher als unsere deutschen Kickerinnen. Und ich weiß auch woran das liegt: Der französische Trainer ist ein Mann (auch wenn er Brüno heißt). Da ist ja wohl alles klar. Darum ein Vorschlag von mir: Wir werden jetzt noch schnell mit den tollen, aber großteils unansehnlichen Mädels Weltmeisterin und dann wird Lothar Matthäus als Nationaltrainer verpflichtet. So wird da ein Stollenschuh draus.

Bleiben wir beim Thema pespila femininus. Was trinkt man eigentlich während einer gediegenen Partie weiblichen Rasenschachs? Also mein Favorit ist ja Eierlikör aus Waffelbechern. Aber vielleicht geht auch Prosecco oder Weißweinschorle süß. Habt ihr vielleicht noch Vorschläge? Das müsste ich echt noch wissen, um ein richtiger Fan zu werden.

Endziel: Siegen

23:19 Uhr – „Herzlich willkommen im Regionalexpress 10921 über Aachen Rothe Erde, Stolberg, Eschweiler, Langerwehe, Düren, Horrem, Köln Ehrenfeld, Köln Hauptbahnhof, Köln Messe Deutz, Porz, Troisdorf, Siegburg Bonn, Hennef, Eitdorf, Herchen, Schladern, Au, Wissen, Betzdorf, Kirchen und Niederschelden. Endziel ist: SIEGEN.“

Das ist doch mal eine klare Ansage der Deutschen Bahn. Einige Schnappschüsse aus meinen Touren der letzten Tage will ich euch gerne hier präsentieren. Die Motive der ersten Reihe befinden sich in Trier, die der zweiten in Luxemburg und die der dritten in Aachen. Viel Freude beim Gucken!