Belgische Bakterienparty

21:48 Uhr – Ein Kind, das in diesem Moment geboren wird, wird schon volljährig sein, wenn das Fläschchen Bier, das zu meiner Rechten steht, sein Mindesthaltbarkeitsdatum überschreitet: 10. August 2037. Ein frommer Wunsch, dass wir alle dann noch da sind – das Bier wird es nämlich nicht mehr sein. In wenigen Augenblicken werde ich es öffnen.

Um dem Kind – also dem Bier – einen Namen zu geben: Es heißt Oude Geuze Boon à l’Ancienne und ist Jahrgang 2014 und 2015. Fangen wir mal an zu entziffern: Boon ist der Name der Brauerei. Geuze ist eine Bierart, bei der verschiedene Lambics miteinander vermischt werden, und zwar ungesüßt und ungefiltert. In diesem Falle aus den Jahren 2014 und 2015. Oude steht dafür, dass es eine Geuze traditioneller Art ist. Ein Lambic wiederum ist ein Bier, das mit wilden Hefen vergoren wurde, die von selbst in das frisch gebraute Bier kamen. Anschließend wir das Bier in Holzfässern gelagert. Spontangärige Biere werden nur in der kleinen Region um Lembeek in Belgien hergestellt. Eine Geuze wird auch Umgangssprachlich Brüsseler Champagner genannt. Und à la Ancienne heißt das gleiche wie Oude. So. Alles klar, oder?

Die grüne Flasche fasst nur einen viertel Liter und erinnert ein bisschen an eine Mini-Sektflasche. Das Etikett ist dunkelgrün, in weißen und goldenen Buchstaben steht der Name des Bieres drauf. Weder besonders schick, noch besonders spektakulär. Aber irgendwie ein bisschen edel.

Die Flasche schäumt nach dem Einschenken direkt über, das geht ja gut los. Klar ist auf jeden Fall also, dass es sich um ein lebhaftes Tröpflein handelt. Was sich auch direkt bemerkbar macht, ist ein sehr intensiver, säuerlicher Geruch. Optisch ist die Geuze recht hübsch, matt und trüb goldgelb, dazu ein feiner, weißer Schaum. Wenn man die Nase ins Glas hält, wird klar, dass die Säure nicht an Bier erinnert, sondern an Sekt.

Der Eindruck von Sekt verhärtet sich zunächst auch beim ersten Schluck, aber nur kurz. Dann gesellt sich ein schwer zu definierendes Aroma dazu. Fast ein bisschen hölzern, vielleicht kommt das tatsächlich von den Fässern? Dazu eine leicht fruchtige Süße, die mich vor allem an säuerliche Äpfel erinnert. Man muss klar sagen: Mit Bier im herkömmlichen Sinne hat das geschmacklich nichts zu tun. Aber es schmeckt, auf seine Art, ziemlich gut. Das Zusammenspiel der Säure, der leichten Süße und die Spritzigkeit passen gut und macht die Geuze zu einem ziemlich erfrischenden Getränk – die 7 Prozent Alkohol bemerkt man überhaupt nicht. Das spannende ist ja, dass in diesem Bier nur Wasser, Gerste, Weizen und Hopfen drin sind – und eben die von selbst gekommene Hefe. Dass letztere so einen extremen Einfluss auf den Geschmack ausübt, ist schon faszinierend.

Wer in diesem Sommer noch einen Sektempfang für Bierfreude plant – mit dem Geuze Boon könnte das ein echter Coup werden.

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