Da ist der Wurm drin

9:39 Uhr – Home-Office und Kurzarbeit bringt die Menschheit ja dazu, im häuslichen Bereich besonders kreativ und fleißig zu werden. Da wird geputzt und renoviert, gestrichen und ausgebaut, gestrickt und genäht. Gärten werden zu Plantagen, Balkone zu Urlaubsdestinationen und Curry-King-Käufer zu Bio-Großbauern. Meine Projekte sind bisher eher überschaubar: Ich habe einer Gartenbank neue, rot angemalte Bretter verpasst.

Aber auch auf meinem Balkon geht es ab, aber das packt mich ja in jedem Frühjahr. Der Hopfen ist schon wieder ein paar Meter hoch, es gedeihen Chilis, Liebstöckel, Rucola, Koriander, Erdbeeren, Knoblauch, Schnittlauch, Rosmarin, Thymian, Basilikum, Pfefferminze, Mojito-Minze, Colada-Kraut und erstmals ein kleiner Strauch Heidelbeeren. Auf die Gerste verzichte ich in diesem Jahr, in den Blumenkästen wächst jetzt eine Blumenwiese. In einem Kasten züchte ich feinsten englischen Wembleyrasen.

Eine Neuerung gibt es aber doch, die mit der Corona-Freizeit zu tun hat: Ich habe mir endlich eine Wurmkiste gebaut! Das ist eine Holzkiste, in der kleine Würmer wohnen, deren Lieblingsbeschäftigung neben der Fortpflanzung das tägliche Fressen und Verdauen ihres eigenen Körpergewichts ist. Man füttert sie also mit Gemüse- und Obstresten, Salat, Blättern, Rasenschnitt, Kaffeesatz und Teebeuteln – und die Kleinen machen daraus allerbesten Dünger für den Garten. Das mit dem Up-Cycling ist ja auch ganz schön.

Ich habe mir die Box aber nicht hergetan, weil ich so gerne Würmer auf dem Balkon habe und unbedingt kostenlosen Dünger brauche. Mich hat schon lange mein Umgang mit meinem Biomüll gestört. In meinem Haus gibt es eine große Bio-Tonne, die alle Bewohner füllen dürfen. Die steht aber im Keller und man muss alles schön in Zeitung oder Papiertüten verpackt da rein tun. Das macht man für drei Kartoffelschalen, einen Mangokern oder eine Zwiebelschale einfach nicht. Und den Kompost in meiner Küche sammeln und immer in den Keller zu bringen, wenn der Behälter voll ist, hielten nur die Fruchtfliegen für eine gute Idee. Also habe ich Biomüll nur in den Keller gebracht, wenn mal richtig viel angefallen ist. Die Kleinmengen sind immer in den Hausmüll gewandert. Das ist nicht so schlimm, da ich meinen Hausmüll ja auch irgendwie füllen muss, aber irgendwie nicht richtig. Darum jetzt die Wurmbox.

Am Donnerstag sind die Kompostwürmer eingezogen, die ich in einem Angelfachmarkt vor dem sicheren Ködertod gerettet habe. Bisher verhalten sie sich noch recht unauffällig, aber ich lass sie jetzt mal ein paar Tage in Ruhe. Nach vermutlich mehreren Wochen in einer kleinen Plastikdose muss man sich an so eine neue Luxusvilla ja auch erst mal gewöhnen.

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