stimmzettel8:29 Uhr – So Freunde, wir wählen heute zusammen den Bundestag. Heute ist zwar in Bayern erst mal Landtagswahl, aber da geh ich ganz alleine und persönlich hin. Für den Bundestag dagegen hab ich Briefwahl beantragt. Der Wahlschein ist gestern gekommen. Also mal schauen.

Überraschenderweise scheine ich auch hier im Allgäu zwei Stimmen zu haben. Weniger überraschend ist, dass die CSU ganz oben steht (an alle Freunde es gepflegten Gummistiefel-Kicks: Ist euch schon mal aufgefallen, dass CSU ein Anagramm zu SCU ist?). Dr. Gerd Müller wirbt um meine Erststimme. Das ist schön und gut, aber auch langweilig. Gerd (dessen Frau übrigens echt Gerti heißt) hat zwar einen Prominenten Namen und ist ein toller Politiker (Staatssekretär!) – aber der kommt so wie so mit über 50 Prozent der Erststimmen rein. Meine braucht er also nicht. Die SPD will, dass ich mein Kreuz bei einer jungen Dame namens Katharina Schrader mache. Aus Erfahrung weiß ich, dass Frau Schrader nicht mal in der Lage ist, innerhalb von vier Wochen einen Steckbrief und ein Foto bei einem Radiosender abzugeben. Und dann vier Jahre Bundestag? Lieber nicht. Die FDP schicken Stephan Thomae ins Rennen. Den kenn ich inzwischen ganz gut und ich glaube auch, dass er einen ganz guten Job macht. Allerdings weiß ich aus erster Hand, dass Herr Thomae lieber in den Landtag einziehen würde als in den Bundestag. Ob er das schafft, zeigt sich heute Abend. Meine Bundestagserststimme braucht er auf jeden Fall nicht. Bei der FDP finde ich außerdem noch schön, dass es die einzige Partei ist, bei der eine einzige Kandidatin die ganze erste Zeile bei den Wahlvorschlägen für die Zweitstimme braucht. Vielen Dank Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (Leut‘ & Häuser?).

Jetzt wird’s spannender. Michael Schropp, 42, Student, tritt für die Grünen an. Netter Kerl, wohnt direkt bei mir um die Ecke und hat sogar ein grünes Hemd. Genau eines. Vaude glaub ich. Das trägt er bei jedem öffentlichen Auftritt zurzeit. Der ist noch ein bisschen so ein grüner, wie man ihn sich vorstellt, nur ohne Vollbart und eben mit Markenhemd. Ob das für meine Erststimme reicht? In Sachen Frisur kommt Schropp sicher nicht an den Kandidaten der Linken ran: Stefan Albanesi. Der trägt nämlich einen Iro. Trotzdem möchte ich eigentlich nicht die Linke wählen. Ich werden nämlich sicher bald reich, und dann will ich ja was von meinem Geld haben.

Die Piraten seh ich direkt vor Somalia rumschippern. Der Erststimmenkandidat Ralph Osterkamp ist nämlich Berufssoldat. Das kann ja heiter werden. Außerdem finde ich erstaunlich, dass die Piraten in Sachen Zweitstimme unter den Spitzenleuten keine einzige Frau haben. Die NPD ist die erste Partei, die meine Erststimme gar nicht haben will. Das ist nicht schlimm, ihr hättet sie so wie so nicht bekommen. Aber ich hätte für die nächste Wahl vielleicht einen Kemptener Kandidaten für euch.

Die ÖDP, das ist schwierig. So ganz falsch kommt mir das alles gar nicht vor. Aber andererseits habe ich auch das Gefühl, dass die bei sich selbst nicht mehr so richtig durchblicken. Schwierig zu sagen, ob man denen die Stimme anvertrauen kann. Zumal es die ÖDP sicher nicht in den Bundestag schafft – da bring ich meine Stimme sicher besser unter. Einen Lokführer außer Dienst schicken die Republikaner in den Ring, mit dem Wunsch, die Lok abzulegen. Ludwig Streitle bekommt meine Stimme selbstverständlich nicht, dafür könnten die beiden Spitzenkandidaten Johann Gärtner und Peter Staudenhöchtl rein namenstechnisch bestimmt bei den Grünen Karriere machen.

Der zehnte und zugleich letzte Direktkandidat auf meinem Stimmzettel ist spannend. Dass ich von Maximilian Schönberger noch nie was gehört habe, verwundert mich nicht. Seine Partei allerdings – Bündnis 21/RRP – sagt mir auch nichts. Rülpsende Rentner Partei? Rote Regenjacken Partei? Richtig Rechte Penner?  Nein – aber eine kurze Recherche sagt mir, dass ich gar nicht mal so schlecht lag: Rentnerinnen und Rentner Partei. Aha. Hießen die nicht früher die Grauen Panter? Ist ja auch egal, die Alten können sich von mir aus selber wählen.

Sonst noch Sensationen auf dem Wahlzettel? Bayernpartei und Tierschutzpartei lassen sich natürlich nicht lumpen, auch die Frauen sind mit dabei. Zum ersten Mal in den Bundestag wollen die Freien Wähler. In Bayern sind die ja schon eine Macht, ob es schon für Berlin reicht, ich weiß ja nicht. Die Partei der Vernunft ist natürlich auch verlockend, nicht nur, weil sie ganz unten steht. Auch, weil einer der Spitzenkandidaten früher vermutlich ein römischer Imperator war: Dominic Titus. Bekannt als Dominicus der Vernünftige.

So, und wo machen wir jetzt unsere zwei Kreuze?

mülltonnenhitler14:43 Uhr – Am Samstag arbeiten, dann eine Tour durch zwei Baumärkte und anschießend durch einen überfüllten Supermarkt. Da ist man doch froh, wenn man es schon fast bis nach Hause geschafft hat und den Blinker in die so vertraute Straße setzt. Fast wie ein kleines Schulterklopfen von ganz oben kommt es einem dann vor, wenn am Straßenrand direkt vor der Haustür gerade ein Parkplatz frei wird. Die ältere Dame hat ihren silbernen Wagen schon aufgeschlossen und beladen, sie verabschiedet sich gerade von ihrem Mann. Also gut, die Zeit sollen die beiden haben, fahr ich halt noch einmal um den Block und schnapp mir den Parkplatz. Es läuft. Keine Minute später komm ich zurück, perfektes Timing: Auf dem Parkplatz direkt vor meiner Haustür steht kein silbernes Auto mehr. Aber halt. Dafür steht dort jetzt eine schwarze Mülltonne. Ihr scheiß Mülltonnen-Nazis! Ich bin mir sicher, dass Rentner, die öffentliche Parkplätze mit Mülltonnen besetzten auch NPD wählen, Kinder mit Migrationshintergrund beim Fußballspielen zu laut finden und beim Discount ein Kilo Putenbrust für 99 Cent kaufen. Pfui!

Donnerstag der 12.

19:53 Uhr – 6 Tage lang absolut nichts zu tun, das ist eigentlich ein Traum. Blöd nur, wenn man krank ist und nicht in der Lage, irgendwas anderes mit der ganzen freien Zeit anzustellen, als auf dem Sofa oder im Bett rumzuliegen. Zum Wochenende hin werde ich jetzt aber morgen wohl mal in die Arbeitswoche startet. Am Freitag den 13. Und gleich morgen früh geht’s für mich zum Viehscheid nach Oberstaufen. Ich war noch nie auf einem Viehscheid. Und ich habe so eine ungefähre Idee, warum das so ist. Ich freu mich drauf!

Mineralswasser Zero

17:32 Uhr – Hartkäse enthält keine oder nur Spuren von Laktose. Bei Laktoseintoleranz sind Emmentaler, Bergkäse und Co. also gar kein Problem. Das weiß ich schon länger. Heute ist mir aber bei einem Hartkäseprodukt aus dem Hause Champignon die Aufschrift „laktosefrei“ aufgefallen. Das finde ich sehr interessant. Natürlich kann ich das aus Marketinggründen nachvollziehen, weil so vielleicht ein Laktoseintoleranter im Kühlregal anderen Käse links liegen lässt („Da ist ja Milch drin“), den als laktosefrei ausgezeichneten aber kauft. So weit so gut. Was ich mich jetzt frage, ist, ob das auch mit anderen Lebensmitteln funktionieren könnte. Mineralwasser Zero: Kein Fett, kein Zucker, keine Kalorien. Light-Kartoffel: Nur 0,2 Prozent Fett.  Pflanzliches Suppengrün – für Vegetarier und Veganer geeignet. Ob das funktionieren könnte?

Hofwochenhalbzeit

12:59 Uhr – Ich bin total im Bauer sucht Frau-Modus. Kein Wunder, schließlich bin ich ja seit Mittwoch jeden Tag im Auftrag der guten Sache auf mindestens einem Bauernhof zu Besuch. Für jeden Tag entsteht daraus ein kleiner Beitrag fürs Radio – und dabei muss ich mich echt zusammenreißen, um nicht in den BSF-Jargon reinzurutschen. Es bietet sich nämlich oft nicht nur an, es drängt sich geradezu auf. Am Donnerstag war ich beispielsweise beim Allgäuer Agrarökonom Andi beim Traktorfahren.  Gestern Morgen war ich bei der militanten Milchbäuerin Moni beim Melken. Am Freitag beim vielseitigen Viehbauern Franz beim Siloballen machen. Oder gestern Mittag bei der geselligen Großfamilie Schön beim Heuversorgen. Im Großen und Ganzen würd ich mal sagen, dass es bisher ganz gut läuft. Bis Donnerstag geht es noch so weiter, und dann ist die Hofwoche für mich und die Hamburger Schüler leider auch schon wieder Geschichte. Wer Lust hat, kann ja mal auf der RSA-Homepage rein hören was bisher passiert ist und was noch passieren wird. Und Personaler von Grundy Light Entertainment, die auf der Suche nach exzellenten Textern für die nächste BSF-Staffel sind, dürfen sich selbstverständlich gerne vollkommen unverbindlich bei mir melden.

Bauernkinder21:43 Uhr – Feierabend. Aber ich glaube, die Überstunden haben sich heute gelohnt. Ich habe heute Abend nämlich 19 Achtklässlerinnen und Achtklässler aus Hamburg kennengelernt. Die verbringen jetzt 10 Tage in Gastfamilien im Allgäu. Auf Bauernhöfen natürlich. Und wer besucht jeden Tag als rasender Reporter einen anderen Bauernhof und macht da eine kleine aber hoffentlich feine Reportage? Genau. Nach dem ersten Kennenlernen und auch den Gesprächen mit den Gasteltern bin ich zuversichtlich, dass das einigermaßen gut wird. Die Gummistiefel liegen auf jeden Fall schon mal im Kofferraum – und die Kollegen müssen sich eben an ein bisschen Stallgeruch in der Redaktion gewöhnen. Zum Start geht’s morgen nach Muthmannshofen. Das wird ein Höllentripp – und ich freu mich drauf.

16:21 Uhr – Ein Buchtipp an dieser Stelle, gab’s sowas schon mal? Keine Ahnung, aber jetzt kann ich mich nicht mehr zurückhalten. „Fürchtet euch“ von Wiley Cash sei euch dringend ans Herz gelegt. Das ganze spielt in den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts irgendwo in der amerikanischen Provinz. Ein stummer Junge kommt beim Heilungsversuch eines Predigers in der Kirche zu Tode. Sehr geheimnisvoll natürlich, aber sein kleiner Bruder hat durch einen Spalt in der Wand alles mitbekommen. Zunächst traut er sich aber nicht, etwas zu sagen. Sehr großartig aus drei verschiedenen Perspektiven erzählt, wobei ich vor allem den extremen Detailreichtum bei den Erzählungen aus der Sicht des kleinen Bruders faszinierend finde. Absolut lesenswert, wenn auch leider etwas zu dünn. Ich sag mal so – das nächste Werk von Herrn Cash werd ich mir ziemlich sicher wieder holen. Kann ja nicht schaden.

Sonntagabendblues.

20:50 Uhr – Ich käme gar nie auf die Idee, ich alleine vor den Fernseher zu setzen und einen Krimi zu schauen. Und damit ist auch schon das absolut letzte Argument gefallen, dass einen Sonntagabend erträglich machen könnte. Sonntagabende sind scheiße. Und dabei können Sonntagabende noch nicht mal was dafür. Schuld sind nämlich die unaufhaltsam kommenden Montagmorgen, die einem schon den ganzen Vorabend versauen. Man sitzt dann so da, schlägt die letzten Wochenendestunden im Internet kaputt und schaufelt Fruchtzwerge in sich rein. Das kann so nicht weitergehen. Ich brauche unbedingt ein produktives und aktives Sonntagabendhobby. Ganz egal, ob die Tage wieder kürzer werden und es draußen regnet. Ein Sonntagabendhobby muss her! Vorschläge?

15:57 Uhr – Nachdem ich es in meinem ersten Jahr als Kemptener geschafft habe, überhaupt nicht mit der Festwoche in Berührung zu kommen, habe ich es jetzt mal gepackt: Ich war heute zum ersten Mal in meinem Leben auf der Allgäuer Festwoche! Und was soll ich sagen? Es gibt dort eigentlich nichts, was mich auch nur annähernd interessiert. Landmaschinen, Autozubehör, Blumentöpfe, Insektengitter, Solaranlagen, Wasseraufbereitung, Trachten, Einbauküchen, Vakuumiersysteme, Öltanks, Gartenschläuche, Reitsättel – gehen mir echt am Allerwertesten vorbei. Okay, das Zelt mit den kulinarischen Spezialitäten war ganz okay, auch wenn sich die kulinarischen Spezialitäten aus dem Allgäu ganz offensichtlich hauptsächlich aus alkoholischen Getränken zusammensetzten, deren Genuss mir jetzt am Donnerstagmittag nicht unbedingt ein dringendes Bedürfnis war. Vom Milchzelt war ich etwas enttäusch, vielleicht weil es in einer Mensa untergebracht ist und eigentlich aussieht, wie ein kleines Käsladen, in dem es keine offenen Produkte gibt. Und auch das Bierzelt: Oje. Oktoberfest-Stil. Ziemlich groß mit fest eingebauten Holzmöbeln. Sowas ist doch ein Bierzelt.

Wenigstens habe ich einen Trick gefunden, wie man kostenlos auf die Festwoche kommt. Die entsprechende Anleitung verrate ich im Austausch mit einer kleinen monetären Gefälligkeit gerne.

Wahrscheinlich habe ich außerdem noch ganz, ganz viele tolle Sachen auf der Festwoche übersehen. Und ganz, ganz viele Menschen, die nicht total komisch aussehen, hab ich vermutlich auch übersehen. Und am Samstag wird ja so wie so alles besser: Dann schieb ich nämlich Dienst auf der besten Verbrauchermesse von ganz Kempten!

Hallo Google, Altavista, Yahoo, Ask und Eule!

12:18 Uhr – Mit meiner Designerneuerung hier auf der Seite hab ich mir auch ein kleines Statistik-Modul gegönnt. Das zählt neben den Besuchern (ich hab sehr viele Klicks aus Dnepropetrovsk – ob das wohl was mit den Spambeiträgen zu tun hat? Aber auch Grüße nach Stuttgart!) auch viele andere unnötige Dinge. Aber gerade bin ich beim Wälzen der Statistiken auf was sehr interessantes gestoßen. Nämlich auf die Suchbegriffe, die Menschen, die auf meine Seite gelangen, in Suchmaschinen eingeben. Das sind natürlich nicht sehr viele, da die allermeisten die Adresse im Kopf oder in ihren Favoriten haben (nämlich 90,6 Prozent). Aber ein paar, ja, ein paar (nämlich 4,6 Prozent) kommen über Google zu mir. Und zwar am häufigsten über diese doch sehr skurrilen Suchanfragen:

  1. Buttermilch
  2. Pitumette
  3. Ruhiges + Meer
  4. Geburtstag + Witze